Project Gutenberg's Parasiten der Honigbiene, by Dr. Eduard Assmuss
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Title: Parasiten der Honigbiene
und die durch dieselben bedingten Krankheiten dieses Insects.
Author: Dr. Eduard Assmuss
Release Date: October 30, 2006 [EBook #19673]
Language: German
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*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK PARASITEN DER HONIGBIENE ***
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Die
PARASITEN der HONIGBIENE
und die
durch dieselben bedingten Krankheiten
dieses Insects.
Nach eigenen Erfahrungen und dem neuesten Standpunkt der Wissenschaft
von
Dr. Eduard Assmuss,
Verfasser von „Naturgeschichte und Zucht der Honigbiene“.
Mit 3 lithographirten Tafeln, 26 Figuren darstellend.
Berlin.
Verlag von Ernst Schotte & Co.
1865.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel I.
Fig. 1. | Primitivlarve von Meloë cicatricosus. |
Fig. 1a. | Fühlhorn derselben. |
Fig. 2. | Die zweite Larvenform von Meloë cicatricosus, Leach. |
Fig. 3. | Pseudochrysalide derselben Meloëspecies. |
Fig. 4. | Nymphe derselben Meloëspecies. |
Fig. 5. | Meloë variegatus,
DonavanDonovan. ♀1 |
Fig. 5a. | Fühlhorn von Meloë variegatus, DonavanDonovan. |
Fig. 6. | Meloë Proscarabaeus, Linné. ♀ |
Fig. 6a. | Männliches Fühlhorn derselben Species. |
Fig. 6b. | Weibliches Fühlhorn derselben Species. |
Tafel II.
Fig. 1. | Larve von Trichodes apiarius, Linné. |
Fig. 1a. | Fuss von derselben Larve. |
Fig. 2. | Nymphe von Trichodes apiarius, Linné. |
Fig. 3. | Trichodes apiarius, Linné. |
Fig. 3a. | Fühlhorn von Trichodes apiarius, Linné. |
Fig. 4. | Larve von Phora incrassata, Meigen. |
Fig. 5. | Puppe von Phora incrassata, Meigen. |
Fig. 6. | Phora incrassata, Meigen. |
Fig. 7. | Larve von Braula coeca, Nitsch. |
Fig. 8. | Braula coeca, Nitsch. |
Fig. 8a. | Bein von Braula coeca, Nitsch. |
Tafel III.
Fig. 1. | Ein junger (Larve) Gordius subbifurcus, de Siebold. |
Fig. 2. | Schwanzende eines männlichen Gordius subbifurcus, de Siebold. |
Fig. 3. | Mermis albicans, de Siebold. (Natürliche Dicke.) |
Fig. 4. | Schwanzende eines weiblichen Gordius subbifurcus, de Siebold. |
Fig. 5. | Mucor mellitophorus, Hoffmann. |
Vorbemerkung.
Unter Parasiten im eigentlichen Sinn ist jedes lebende Wesen (Thier,
Pflanze) zu verstehen, welches auf oder in einem anderen lebenden Wesen
vorkommt und von dessen Säften sich nährt.
Unter Parasiten der Biene würde man also alle diejenigen Thiere
und Pflanzen begreifen, welche auf oder in den lebenden Bienen oder
ihren Larven etc. vorkommen und aus ihren Säften Nahrung ziehen,
darnach wäre also Braula coeca, welche auf der Biene lebt und sich von
ihren Säften nährt, sowie Mermis albicans, die im Inneren der Biene sich
aufhält und ihre Fettsubstanz verzehrt, Parasiten der Biene. Nicht so
aber die Larven der Meloiden, welche das Besteigen der Bienen gleichsam
nur als Medium benutzen, um in den Bienenbau zu gelangen, wo
angekommen, sie die Bienen verlassen, zunächst sich von Bieneneiern
nähren und sodann vom Bienenbrod leben.
Eine solche Lebensweise darf man, streng genommen, nicht mit der
Benennung Parasitismus belegen. Die Larve tritt im Stock zuerst als
Raubthier auf, indem sie ein Bienenei auffrisst, später lebt sie von den
eingesammelten und zubereiteten Producten der Biene. Die zweite Lebensart
dieses Thieres sollte man besser zum Unterschiede vom eigentlichen
Schmarotzen mit Tellerleckerei bezeichnen.
Ebenso sind die Larven der Trichoden in dem angegebenen Sinne
nicht als Parasiten der Biene zu betrachten, sondern als Räuber, die der
Bienenbrut in den Zellen nachstellen. Kämen die Bienenlarven frei, nicht
im Stocke vor, so würden auch sicherlich die Trichodeslarven ihnen im
Freien nachstellen, etwa wie die Larven der Colosoma inquisitor oder Col.
sycophanta den Raupen auf dem Boden und den Bäumen nachjagen.
Will man aber die Trichodeslarven, was freilich geschieht, unter die
Parasiten rechnen, so müsste man mit demselben Recht auch die Colosoma
und überhaupt auch die Carabicidenlarven, wie auch selbst ihre
Imagines unter die Parasiten aufnehmen. Dann würde sich aber der
Begriff „Parasit“ auf die meisten Thiere ausdehnen, z. B. der Analogie
nach wäre man berechtigt den Löwen, die Fischotter u. s. w., mit einem
Wort alle carnivoren und insectivoren Raubthiere als Thierparasiten zu
betrachten, die Pflanzenfresser aber, welche sich von lebenden Pflanzen
ernähren, für Pflanzenschmarotzer erklären. Es ist aber noch Niemanden
eingefallen, diese Thiere für Parasiten auszugeben.
Wenn ich also die Meloë- und die Trichodeslarven hier unter den
Parasiten aufführe, so geschieht dies theils, weil ausgezeichnete zoologische
Autoritäten diese Thiere nach wie vor als Parasiten betrachten,
theils weil sie Krankheitserscheinungen der Bienen bedingen und in dieser
Schrift gerade diese berührt werden.
Die Parasiten werden eingetheilt in Ectoparasiten (äussere Schmarotzer),
die also aussen auf einem Wesen und in Endo- oder Entoparasiten
(innere Schmarotzer), welche im Innern eines Wesens vorkommen.
Ferner werden sie noch unterschieden als temporäre oder Gelegenheitsschmarotzer,
welche nur zeitweise ihre Opfer besuchen, um sich an ihren
Säften zu sättigen, wie z. B. Flöhe, Mücken etc. und als stationäre,
welche ihren Wirth längere Zeit oder sogar durch's ganze Leben bewohnen.
Demnach theilt man die stationären Parasiten in zwei Formen,
in lebenslängliche und periodische, je nachdem die Schmarotzer ihr ganzes
Leben hindurch in oder auf ihrem Wirth vorkommen, oder bei ihm nur
so lange anwesend sind, bis sie ihre Geschlechtsreife erlangt oder ihre
Jugendform abgeworfen haben und sodann wieder auswandern.
Die Zahl der thierischen Parasiten unserer Honigbiene, ist im Vergleich
zu den einiger anderen Bienenarten, z. B. der Hummeln, nicht
grade gross zu nennen. Wenn wir Trichodes und Meloë ausschliessen,
so bleiben blos vier Genera mit einer Species übrig, nämlich Phora incrassata,
Braula coeca, Gordius subbifurcus und Mermis albicans, die bisher
parasitisch in oder auf der Honigbiene beobachtet wurden.2
Alle
übrigen bis jetzt bei den Bienen angetroffenen Gliederthiere, wie z. B.
die Raupen der Wachsmotten, die Larven des Speckkäfers u. s. w. sind
keine Parasiten. Ebenso auch die Bienenbrod- oder Pollenmilbe ist
kein Schmarotzer, da sie nicht aus dem Körper der Biene ihre Nahrung
zieht, sondern sich von Pollen nährt. Gamasus Coleoptratorum Linn.,
die auf Hummeln und Käfern häufig vorkommende Milbe, ist durchaus
kein Parasit der Biene, da dieses Thier sich nur zufällig auf eine Biene
verirrt, dieselbe auch schleunigst wieder zu verlassen sucht.
Zweifelhafte Schmarotzer (in dem allgemein angenommenen Sinne) der
Honigbiene sind die Larven von Trichodes alvearius Fabr., welche in
den Nestern der Mauerbiene sehr häufig vorkommen und vielleicht auch,
da die Larven seines Verwandten (Trich. apiarius Linn.) in Bienenstöcken
anzutreffen sind, auch unsere Honigbiene belästigen, und die
Larven von Serropalpus barbatus Schall., eines zur Familie der Melandryadae
gehörenden Käfers.3
Es lässt nun kaum einen Zweifel übrig, dass man in der Folge noch
mehr Parasiten an diesem Hymenopteron entdecken wird. So z. B.
dürfte man leicht vermuthen, dass auch Gordius aquaticus und Mermis
nigrescens, welche ja ohne Unterschied in den verschiedensten Insecten aller
Ordnungen vorkommen, auch die Honigbiene nicht ausschliessen werden.
Von den vier oben angeführten Schmarotzern gehören die beiden
ersteren zu der Ordnung der Zweiflügler und die beiden letzteren zu der
Ordnung der Saitenwürmer. Nur ein Schmarotzer, Braula coeca lebt als
Ectoparasit und zwar als ein stationärer lebenslänglicher — um mich
der Eintheilung Leuckarts zu bedienen.4
— Die übrigen drei, Phora
incrassata, Gordius subbifurcus und Mermis albicans sind Endoparasiten
und zwar periodisch stationäre.
Dass ich in den Abbildungen, die Larven von Meloë cicatricosus in
allen ihren Stadien aufgenommen habe, welches Insect noch gar nicht an
der Honigbiene beobachtet wurde, darf man mir nicht verargen; denn
von Meloë variegatus und M. Proscarabaeus hätte ich doch nur so zu
sagen Fragmente liefern können, da die weiteren Verwandlungsformen
dieser beiden Meloëspecies noch nicht bekannt sind. Da sich aber die
Primitivlarven des Genus Meloë so sehr unter einander gleichen, so darf
man annehmen, dass auch die weiteren Verwandlungsformen, die zweite Larvenform,
die Pseudochrysalide, die dritte Larvenform — welche letztere
ich jedoch, da sie der zweiten Larvenform gleicht, nicht abgebildet
habe — und die Nymphe der übrigen Meloën mit denen der Meloë cicatricosus
übereinstimmen werden. Nur so konnte ich also alle Verwandlungsstadien
dieses Käfergeschlechts abbilden.
Sämmtliche Abbildungen sind stark vergrössert. Die Trichodeslarve
und Nymphe, die Phoralarve und Puppe, so wie die Larve von Braula
und Mermis albicans sind von mir selbst entworfen. Die übrigen Figuren
sind aus den Arbeiten der Herren: Newport,
Fabre, Brand-Ratzeburg, Meigen,
Zenker, Meissner und Leuckart entlehnt.
Leipzig, im März 1865.
Der Verfasser.
Arthropoda. Gliederthiere.
Classe. Insecta. Kerfe.
Ordnung. Coleoptera. Käfer.
(Eleutherata Fabricius.)
Familie. Cleridae, Westwood. Pfaffenkäfer.
Westwood, Descriptions of new species of Cleridae etc. (ProceedProceed. Zoolog. soc.
of London, 1852 pag. 34, 1856 pag. 19. — Clerides, Latreille, Genera
Crustaceorum et Insectorum, Tom. I. pag. 269.269.)
Characteristik. Meist mittelgrosse, oder auch kleinere, bunt gefärbte — roth,
blau, metallischglänzend — Käfer von schlankem, fast
walzenförmigem, eingeschnürtem, ziemlich weichhäutigem — jedoch nicht
so weichem, wie bei den Malacodermen — mehr oder minder dicht behaartem
Körperbau. Der Kopf ist gross von Breite des Halsschildes,
aus diesem mehr oder weniger hervortretend, mit von der Stirn getrenntem
Kopfschilde und deutlicher Oberlippe, kräftigen, scharfspitzigen, am
Innenrande grösstentheils gezahnten und mit einem membranösen, am
Rande gefranzten Saume versehenen Oberkiefern. Unterkiefer mit zwei,
vorn gefranzten Laden. Kiefertaster viergliedrig, mit meist beilförmigem,
oft auch langovalem, am Ende zugespitztem oder cylindrischem Endgliede.
Kinn viereckig. Die Zunge theils häutig, theils hornig, der vordere
Theil in zwei rundliche Lappen erweitert, am Vorderrande flach
ausgebuchtet und gefranzt. Die Nebenzungen durch schräge, gefranzte
Leisten sehr wahrnehmbar angedeutet. Lippentaster dreigliedrig, das
Endglied oft beilförmig und nicht selten länger als die Kiefertastern.
Die Fühler vor den Augen, an der Seite der Stirn entspringend, elfgliederig,
die ersten Glieder rundlich oder verkehrt konisch, die folgenden
mehr oder weniger gesägt, die Endglieder oft eine Keule bildend, deren
letztes Glied häufig sehr beträchtlich verdickt ist. Die Augen innen
ausgerandet, ungleich facettirt und gekämmt, gröber und feiner.
Das Halsschild cylindrisch, grösstentheils nach hinten verschmälert,
von dem Grunde mehr oder weniger eingeschnürt, am Grunde meist
schmäler als die Flügeldecken. Die Unterseite der Vorderbrust wird
aus den umgeschlagenen Rändern des Halsschildrückens und der Vorderbrust,
die mit ihm mehr oder weniger stark verschmolzen ist, gebildet.
Gelenkgruben der Vorderhüften hinten weit geöffnet. Das Sternum, die
Episternen und Epimeren der Mittelbrust deutlich geschieden. Die Episternen
der Hinterbrust lang, nach hinten ein wenig verschmälert, die
Epimeren von dem Flügeldeckrande bedeckt.
Die Flügeldecken den Hinterleib vollständig umfassend. Vorderhüften
cylindrisch-konisch, ein wenig hervortretend, die mittleren kürzer
fast kuglig, beide meist mit mehr oder minder getrennten Gelenkschienen.
Hinterhüften quer tief eingesenkt, von den Schenkeln bedeckt.
Tarsen fünf- oder viergliederig mit häutigen Haftläppchen versehen.
Hinterleib aus fünf bis sechs Bauch- und acht Rückenringen bestehend.
Die Larven sind langgestreckt, niedergedrückt, mit Einschluss des
Kopfes dreizehnringelig, meist fleischig, gelb oder heller oder dunkler
roth gefärbt, mit hornigem, horizontal vorgestrecktem, abgeflachtem Kopf,
grosser Hornplatte auf dem Vorderrücken und je zwei kleinen auf dem
Mittel- und Hinterbrustringe. Am Hinterleibe der letzte Ring, Afterring,
oben mit hornigem Schilde versehen, gegabelt. Der After zapfenförmig
als Nachschieber vorragend. Luftlöcher neun Paar vorhanden, acht an
den Seiten der acht ersten Hinterleibsringe, das neunte auf der Unterseite
des Mittelbrustringes.
Oberlippe vorgestreckt, kürzer als breit, vorn ausgebuchtet. Oberkiefer
ziemlich kurz aber kräftig und scharf mit sichelförmig gebogener
Spitze. Unterkiefer mit dem Kinn verwachsen, dicht neben der Unterlippe
eingelenkt mit dreigliedrigen Tastern. Lippentaster zweigliedrig.
Fühler kurz, unmittelbar über der Einlenkung der Oberkiefer entspringend,
viergliederig. Nebenaugen jederseits fünf in zwei Reihen, die vordern
aus drei, die hintern aus zwei bestehend. Beine ziemlich kurz oder
auch ansehnlich (Trichodes), aus drei Gliedern bestehend, einklauig.
Lebensweise. Die Käfer trifft man auf Blumen oder geschlagenem
altem Holze, an morschen Baumstämmen, manche auch an Cadavern.
Sie fressen die Antheren der Blüthen, doch dürfte ihre Hauptnahrung
aus animalischer Kost bestehen, wenigstens habe ich Trichodes apiarius
auf Doldengewächsen beobachtet, wie er eine Syrphuslarve erfasste und
dieselbe ausweidete. Vom Genus Clerus ist es schon längst bekannt,
dass seine Repräsentanten den verschiedenen Insecten, vorzüglich den
Holzinsecten nachstellen.5
Corynetes ruficollis traf ich auch an todten
Schnecken.
Die Larven dieser Käfer leben grösstentheils unter der Rinde der
Bäume, in morschem Holz, wo sie in den Gängen der Larven anderer
Insecten, diesen nachstellen und sie verzehren. Einige von ihnen leben
in den Nestern von Bienen, deren Brut sie fressen. Noch andere nähren
sich von Aas.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Die Familie
der Cleriden umfasst gegen 500 verschiedene Arten6
und ist in allen
Welttheilen und Zonen verbreitet, besonders artenreich in den Tropen,
namentlich Americas, in welchem Welttheil fast die Hälfte der bekannten
Arten vorkommt. Europa7
zählt 40 gute Arten, von denen die deutsche
Fauna 11 Species mit einigen Varietäten umfasst.8
Genus. Trichodes Herbst. Immenkäfer.
Herbst, Natursystem etc. Käfer, IV. pag. 154.
Characteristik. Mittelgrosse, in der Grösse einer und derselben
Art sehr variirende, meist dunkelblaue oder ins grünliche ziehende Käfer
mit rothen, blau gebänderten, oder auch umgekehrt mit blauen, roth gebänderten
Flügeldecken. Oberlippe fast viereckig. Oberkiefer an der
Spitze dreizahnig. Unterkiefer mit zwei gefranzten Laden und fadenförmigen
Lippentastern. Kiefertaster mit verlängertem Endgliede. Kinn
schmal. Zunge vorn verbreitert, an jeder Seite rundlich erweitert, am
Vorderrande ausgebuchtet. Lippentaster etwas grösser als die Unterkiefer,
mit verkehrt dreieckigem Endgliede. Fühler ziemlich kurz mit
dreigliedriger, dreieckiger, plattgedrückter Keule. Augen stark dreieckig
ausgerandet. Halsschild cylindrisch, nach hinten verengt. Flügeldecken
verlängert, gleich breit, niedergedrückt. Beine stark, Füsse fünfgliederig,
das erste Glied sehr verkürzt, kaum sichtbar. Die folgenden, ausgenommen
das Endglied, mit breiten Hautsohlen versehen. Letztes Glied
das längste, so lang als die übrigen zusammengenommen.
Die Larven, welche man nur von zwei Arten, Trichodes apiarius
und Trichodes alvearius kennt, stimmen mit den schon bei der Characteristik
der Familie erwähnten Merkmalen überein, sie sind von Färbung
rosenroth und weniger schlank, als die des Genus Clerus und Tillus.
Lebensweise. Die Käfer trifft man meist auf Umbelliferen und
Spiraeaceen, wo sie sich von den Antheren dieser Blüthen, hauptsächlich
aber, wie schon erwähnt, vom Raube anderer Insecten, denen sie auf
diesen Blüthen nachstellen, nähren.
Ihre Larven leben in den Nestern verschiedener Bienenarten (Osmia,
Megachile, Apis) nndund nähren sich daselbst von den Bienenlarven und
Nymphen. Uebrigens scheint es, als ob sie, wenigstens die Larven von
Trichodes apiarius, es mit der Systematik nicht so genau nehmen, sondern
auch Larven, die gar nicht zur Familie der Bienen gehören und
von diesen sich weit entfernen, fressen. Nach meiner Beobachtung leben
die Larven des Trichodes apiarius auch im Holze in den Gängen der
Sirexlarven, denen sie nachstellen, und die sie, namentlich die jüngeren
Sirexlarven verzehren9. Versuche, die ich mit eingesperrten Trichodeslarven
anstellte, bewiesen jedoch, dass nicht jede Insectenlarve von ihnen
verzehrt wird, wie es etwa die meisten Carabidenlarven thun.
So gab ich meinen Larven von Trichodes apiarius kleine Larven
von Nematus salicis, welche sie unberührt liessen. Desgleichen wurden
kleine Raupen von Plusia gamma nicht verzehrt. Dagegen frassen sie
sehr gern Aphis pruni, ferner weideten sie todte Arbeitsbienen aus.
Trichodes apiarius, Linné. Gemeiner Immenkäfer.
(Bienenkäfer.) Taf. II. Fig. 1-3.
Herbst, Natursyst. etc. Käfer, IV. pag. 156. 1. Taf. 41. Fig. 11. — Fabr.
Syst. Eleuth. Tom. I. pag. 284. 6. — Schönh. syst. insect. Tom. II. pag. 48.
6. — Sturm, Deutschl. Faun. XI. Bd. pag. 24. — Klug, Clerii, pag. 74. 2. — Spinola,
Essai monograph. sur les Clérites, Tom. I. pag. 305. 7. — Erichs.
Ins. Deutschl. Bd. IV. Bearb. v. v. Kiesenw. pag. 689. 3.
Attelabus apiarius Linné, syst. natur. I. II. pag. 260. 10. — Clerus apiarius
Illig. Käf. Preuss. Tom. I. pag. 283. 3. — Oliv. Entom. Tom. IV. 76. pl. 7.
4. Taf. I. Fig. 4. — Panz. Faun. German. pag. 31. 13. — Rossi, Faun.
Etrusc. Tom. I. pag. 138. 353.
Die Larve: Swammerdam, Bibel der Natur, pag. 210. Taf. 26. Fig. III. a, b, c. — Réaumur,
Mém. etc. IV. III. Tab. 8 (sub nomine Trich. alveari us.)
Characteristik. Glänzend schwarzblau, dicht punktirt, rauhhaarig,
Flügeldecken nach hinten etwas erweitert, grob punktirt, hochroth
mit dunkelblauer Spitze und zwei solchen Binden, die sich bald stark
ausbreiten, bald verschmälern, oder die erste Binde löst sich in einzelnen
Flecken auf und ist in seltenen Fällen gar nicht vorhanden. — Länge
5 bis 6‴, Breite 1,76 bis 2,5.
Die Larven (Taf. II. Fig. 1.) sind rosenroth mit einzeln stehenden
braunen Härchen besetzt. Kopf, Thoracalschilde, Beine und Nachschieber
bräunlich. — Länge 6 bis 7‴, Breite 1,25‴,1,25‴.
Die Nymphe (Taf. II. Fig. 2) ist gelblich-weiss, auf dem Kopf,
Rumpf und der Rückseite des Hinterleibes mit feinen, langen, gelblich
rothen Härchen besetzt. Am letzten Leibesringe befinden sich zwei
aufwärts gekrümmte fleischige Afterstachel. — Länge 5‴, Breite 1,75‴.
Lebensweise. Die Käfer findet man im Mai und Juni, in Russland — dem
nördlichen und mittleren — auch noch im Juli, auf verschiedenen
Blumen, besonders Umbelliferen, Spiraeaceen und auch Compositen,
oft ziemlich häufig.
Was nun den Parasitismus der Larven in Bienenstöcken anlangt,
so trifft man sie in Russland von Juli bis zum Mai des nächsten Jahres
auf dem Boden unreinlich gehaltener Klotzbauten, wo sie sich wie die
Ohrwürmer und Wachsmottenraupen in den Spalten verborgen halten
und gelegentlich aus ihnen hervorkommen, um die von den Arbeitsbienen
auf den Boden heruntergeworfenen halbtodten oder todten Bienen,
sowie Bienenlarven und Bienennymphen zu fressen. Die Bienen und
Bienennymphen weiden sie nur aus, die Bienenlarven aber verzehren sie
gänzlich. Ein weiteres Heraufkriechen in den Bienenbau, um etwa dort
der Bienenbrut nachzustellen, habe ich an ihnen nicht beobachten können,
bezweifle aber durchaus nicht, dass es geschehen könnte, wenn ein
Stock schwach ist und seinen Bau nicht hinreichend belagert. Ist die
Trichodeslarve aber einmal im Bau der Bienen in eine Bruttafel gelangt,
dann möchten wohl die Bienen die Larve schwerlich herausholen. Denn,
nachdem die Larve sich in eine verdeckelte Brutzelle hineingebissen hat,
so bohrt sie sich gleich weiter seitwärts längs den Zellenböden in die
Brut hinein und macht förmliche Gänge nach allen Richtungen, jedoch
ohne etwa erst eine Bienennymphe zu verzehren, sondern presst sich
unter die Bienennymphen, ohne sie zu verletzen hindurch, und beginnt
erst ihren Frass im Centrum. So verfuhren die Larven, die ich einem
kleinen Ablegerchen aus einer Brutwabe und ein Paar hundert Bienen
bestehend, gab.
Die Käfer legen ihre Eier wahrscheinlich aussen in die Fugen und
Ritzen der Bienenstöcke und bei schwachen Stöcken auch wohl in's
Innere derselben. Wenigstens traf ich im Juli vorvorigen Jahres (1863)
einen Trichodes apiarius in einem jungen volkarmen Stock auf dem
Bodenbrett, woselbst sich auch im Gemüll vier gelbliche kugelrunde Eier
von der Grösse eines Mohnkornes fanden. Die Eier gelangten leider
nicht zur Entwickelung, sondern schrumpften ein und vertrockneten,
wodurch es allerdings unerwiesen blieb, ob die Eier wirklich dem erwähnten
Käfer gehörten. Eine Section des Käfers gab auch keinen
Aufschluss, da der Eierstock nur unentwickelte Eikeime enthielt. Allein
ich glaube es deswegen annehmen zu dürfen, dass die Eier ihm gehörten,
weil der Käfer doch eigentlich im Bienenstocke nichts zu suchen
hatte, als eben seine Brut an einen passenden Ort unterzubringen. Wenn
die Larven aus den Eiern geschlüpft sind, begeben sie sich höchst wahrscheinlich,
wenn es die Verhältnisse des Stockes erlauben, d. h. wenn
der Stock nicht etwa kräftig genug ist und den fremden Thieren den
Zutritt verwehrt, sehr bald in die Brutzellen, um daselbst ihre Wohnung
aufzuschlagen. Ich hatte kleine Larven von etwas über eine Linie Länge,
die gewiss vor Kurzem erst aus den Eiern gekrochen sein mochten,
welche aber, als ich ihnen ein Stück von einer Bienenbrutwabe ins Glas
gab, sich sogleich, wie schon oben erwähnt, in die Brutzellen einbohrten.
Die Larven verlassen, sobald keine Brut mehr im Stocke ist, den
Wachsbau und verkriechen sich in die Spalten und Fugen des Stockes,
wo sie überwintern. Im April fangen sie wieder mit dem Frasse an,
was sie bis in den Mai fortsetzen, zu welcher Zeit sie ausgewachsen sind.
Jetzt begeben sie sich zur Verwandlung in die Erde, woselbst sie sich
eine inwendig glatte Höhle, die sie mit einem Gespinnst austapeziren,
machen und nach drei oder vier Tagen in eine Nymphe verwandeln, an
der man sogleich einen Cleriden erkennt. Nach 35 oder schon nach
30 Tagen entwickelt sich der anfangs nur gelbliche Käfer.
Es scheinen aber auch manche Larven schon im nämlichen Jahre im
September sich zu verpuppen und als Puppen zu überwintern, in welchem
Falle dann der Käfer im Mai erscheint. So verpuppten sich bei
mir die schon erwachsenen Larven, welche ich in Baumstämmen in den
Gängen der Sirexlarven fand, im September desselben Jahres. Wie daher
bei Swammerdam l. c. die Nymphen so lange Zeit brauchten, ehe
sie sich zum vollkommenen Insekt entwickelten — er giebt ein volles
Jahr für die Nymphenruhe an — ist mir nicht klar.
Apistische Bedeutung. Im Ganzen genommen scheinen die Trichodeslarven
den Bienenstöcken nicht viel oder überhaupt nur den
schwachen Völkern, die ihnen den Zugang nicht versperren, zu schaden.
Nur wenn sie in grosser Zahl in einem Stock und zwar im Brutnest sich
einfinden, können sie den Stock durch die Gänge, die sie machen, wobei
jede Larve allerdings hundert und mehr Brutzellen an der Seite dicht
am Boden aufreisst, schwächen und ihm viel Arbeit verursachen, weil die
verdeckelten BienennympfenBienennymphen, wenn die Wandungen der Zellen, in welchen
sie liegen, von den Trichodeslarven aufgebissen werden, absterben und
so Veranlassung zu der sogenannten nicht ansteckenden Faulbrut geben
können.
Uebrigens ist der Käfer gerade nicht so sehr häufig und seine
Brut ist ja, wie aus dem früheren ersichtlich, nicht allein auf die Honigbiene,
sondern und was noch häufiger der Fall ist, auf andere Bienen
und Hymenopteren angewiesen.
Dagegen scheinen die Trichodeslarven in Frankreich in den Bienenstöcken
häufiger vorzukommen, wenigstens erwähnt Perris (Annales de
la société entomologique de France, 3. Série 1854. II. pag. 619), dass
die Larven von den Bienenzüchtern daselbst gekannt seien und als vers
rouges bezeichnet werden.10
Prophylaxis. Ein rationeller Bienenzüchter, der die Bienenzucht
in Stöcken mit beweglichem Wabenbau betreibt, wird wohl schwerlich
je von diesem Insekt Nachtheile verspüren, da er es gar nicht im Stocke
aufkommen lassen wird. Das häufige Auskehren der Stöcke, das Reinhalten
von Gemüll und dergleichen ist das beste Vorbeugungsmittel.
Familie. Vesicantia Mulsant. Blasenziehkäfer.
(Cantharidiae Latreille.)
Mulsant, Histoire naturelle des Coléopteres de France. Vesicantes.
Characteristik. Mittelgrosse bis grössere, grün, blau, schwarz,
meist metallisch glänzende, oft auch bunt gefärbte Käfer von weichem
häutigem Körperbau.
Der Kopf ist gross, meist breiter als das Halsschild, gesenkt, herzförmig
oder dreiseitig, hinter den Augen verlängert und erweitert, dann
stark halsartig verengt. Oberkiefer einfach zugespitzt. Unterkiefer mit
hornigen Laden, die inneren oft schwindend. Kiefertaster fadenförmig,
das letzte Glied kaum etwas dicker, rund oder abgerundet. Endglied der
Lippentaster verbreitert, abgestutzt. Fühler meist elf-, seltener acht- bis
zehngliederig, fadenförmig oder schnurförmig, oder auch kurz und
kolbig. Augen grösstentheils quer, manchmal ausgerandet.
Halsschild cylindrisch rundlich oder viereckig nach hinten gewöhnlich
verbreitert, schmäler als die Flügeldecken. Schildchen bei einigen
fehlend. Metathorax verlängert, seltener sehr kurz. Die Flügeldecken
biegsam, häufig den Körper nicht ganz bedeckend, bei einigen sogar verkürzt,
von einander abstehend und sodann die Hinterflügel fehlend.
Vorderhüften sehr gross, zapfenförmig abwärts stehend. Mittelhüften
von den hinteren meist entfernt, seltener die hinteren bedeckend. Hinterhüften
einander genähert. Fussglieder heteromer, meist ungetheilt.
Klauen gespalten.
Hinterleib mit sechs bis sieben freien Bauchringen.
In anatomischer Hinsicht ist aus der Familie der Vesicantien das
Genus Meloë, Lytta und Mylabris ziemlich erschöpfend untersucht worden.
Meloë besonders von Brandt und Ratzeburg,11
Newport12
und in
neuester Zeit auch noch von Leydig.13
Alle drei Genera dieser Familie
stimmen im Wesentlichen mit einander überein, so dass man die Gattung
Meloë in dieser Beziehung als den Grundtypus betrachten kann.
Vom Nervensystem ist vorzugsweise zu erwähnen, dass die Lobi
optici sich vom Gehirn deutlich abschnüren und einige dunkelviolette
(wenigstens bei Meloë) Pygmentflecke wahrnehmen lassen, sonst ist das
Neurilemm röthlichgelb (Meloë) gefärbt. Thoracalganglien sind drei vorhanden,
breiter als lang, aus den Längscommissuren zwischen dem ersten
und zweiten Knoten verläuft jederseits ein Seitennerv. Vom dritten
Knoten gehen zwei stärkere und acht schwächere Seitennerven ab, ausserdem
aber noch ein Nervengeflecht, welches Leydig a. a. O. pag. 287.
als ein sympathisches auffasst. Abdominalganglien vier, länglich oval,
das letzte das grösste, länglich, hinten abgerundet. Die Commissuren
zwischen ihnen sehr lang. Aus den drei vorderen Abdominalganglien
zwei sich übereinander deckende Seitennerven entspringend. Ein sympathisches
mediales Ganglion erscheint als ein gestieltes Beutelchen am
Vorderrande des zweiten Bauchganglions zwischen den beiden Längscommissuren.
Die sympathischen Seitenganglien sind weissgrau.
Circulations- und Respirationssystem zeigt bei den Vesicantien keine
besonders wesentlichen Unterschiede von den Coleopteren überhaupt.
Die Speiseröhre ist kurz, erweitert sich nach hinten und lässt innen
eine mehr oder weniger deutliche Abschnürung durch die Cardia, eine
Art Vormagen, wahrnehmen und deutliche Längsfalten erkennen. Der
Magen ist gross, länglich, cylindrisch, innen quer gerunzelt mit Spuren
von Zotten, von dem engeren Darm mehr oder weniger deutlich abgegesetztabgesetzt.
Der Darm macht drei Biegungen und hat an der zweiten Krümmung
vier Malpighische Gefässe. Der Mastdarm ist deutlich abgeschnürt.
Die Ovarien sind beeren- oder traubenförmig, die Eiröhren sehr zahlreich
und zählen beim befruchteten Weibchen mehrere Tausend Eier.
Samentasche mit einem Nebenbläschen. Eine Anhangsdrüse. Die paarigen
Hoden sind rundlich mit dünnem, sehr langen Samenausführungsgange
und drei paarigen in den Ductus ejaculatorius mündenden schlauchförmigen
Glandulae accessoriae, von denen das eine Paar besonders lang
und vielfach geschlängelt erscheint, die andern bedeutend kürzer sind.
Der Ductus ejaculatorius ist hinten mehrmals geschlängelt.
Die Larven der Vesicantien sind ausser von Meloë noch von Cantharis,
Apalus und Sitaris bekannt und stimmen in der Bildung und
Lebensweise mit einander sehr überein. Sie sind in der Jugend von hornigem
langestrecktem, plattgedrücktem Körperbau und scharfen Kiefern,
dreigliedrigen mit einer langen Endborste versehenen Fühlern, zwei bis
vier Ocellen, einem Paar weit ausgespreizten halbkörperlangen Beinen,
einem Paar Nachschieber und langen vom Endsegment entspringenden Borsten,
die ihnen zum Springen dienen. Später erscheinen sie dick, walzig,
weichhäutig und mehr oder weniger den Larven der Lamellicornien
ähnlich.
Lebensweise. Die Familie der Vesicantien ist phytophag, man
trifft die Käfer auf verschiedenen kräuterartigen Gewächsen, weniger auf
Bäumen, Sträuchern. Sie nähren sich meist von Blättern, manche auch
von den Antheren der Blüthen (Mylabris und Cerocoma traf ich häufig
auf den Blüthen der Labiaten und Umbelliferen, sowie Spiraeaceen, deren
Staubbeutel sie abnagten). Ihre Erscheinungszeit ist sehr verschieden,
einige trifft man mehr und sogar nur im Vorsommer, andere
mehr im Spätsommer bis in den Herbst. Manche von ihnen erscheinen
oft in grosser Menge, andere und zwar der weit grösste Theil
kommt nur vereinzelt vor. Die meisten von ihnen enthalten einen sehr
scharfen, blasenziehenden Stoff, welcher aus Cantharidin besteht und der
bei einigen aus den Gelenken der Beine als ein gelber Saft bei der Berührung
hervortritt.
Die Käfer sind meist harmlose Thierchen, die nichts schaden, vielmehr
erweisen sich viele von ihnen dem Menschen durch ihre blasenziehende
und andere Eigenschaften als höchst nützlich und werden daher
in der Officin gebraucht, so namentlich in Europa das Genus Cantharis14,
so wie Meloë, letztere freilich schon obsolet, in neuester Zeit aber wieder
in Aufnahme kommend.15
Nur die Larven einiger Arten üben durch
ihren gelegenheitlichen Aufenthalt auf den Bienen, namentlich die der
Meloë auch auf der Honigbiene, einen nachtheiligen Einfluss auf diese
und schaden dadurch auch dem Menschen.
Zum Ablegen ihrer zahlreichen Eier graben die Weibchen entweder
ein Loch an einer beliebigen Stelle in die Erde, gewöhnlich dicht an
der Wurzel einer Pflanze, legen die Eier in dasselbe klumpenweise ab
und decken sie mit Erde zu, oder sie legen die Eier in unmittelbare
Nähe von Bienenstöcken. Im ersteren Falle begeben sich die ausgeschlüpften
sehr munteren Larven sogleich nach dem Auskriechen aus
dem Ei schaarenweise oder in grösseren Partien auf die verschiedensten
in ihrer Nähe sich befindenden Blüthen der niederen Pflanzen, vorzüglich
Compositen, Ranunculaceen, Papilionaceen und Labiaten, wo sie
auf die Bienen, in den Blüthen versteckt, harren. Setzt sich eine Biene
auf die mit den Larven behafteten Blüthen, um Honig oder Blumenstaub
einzusammeln, so suchen sie flugs die Biene zu erklimmen, um sich auf
ihrem Thorax festzusetzen, oder sie bohren sich gar zwischen ihre
Ringe oder Gelenke ein und lassen sich so von der Biene in den Bienenbau
schleppen16. Im Bienenbau angekommen, verlassen sie die
Biene. Im andern Fall begeben sich die ausgekrochenen Larven direct
in das Bienennest. Hier besteht ihre erste Nahrung aus einem Bienenei.
Hat die Larve ein Bienenei verzehrt, so häutet sie sich, wobei sie ihre
frühere paradoxe Gestalt verliert und wie oben schon angegeben, ein
engerlingartiges Aussehen bekommt. Von nun an lebt sie in dem Bienenstock,
bis zu ihrer Verpuppung als Tellerlecker von Pollen und Honig
(Bienenbrod) der Bienen.
Es entsteht aber aus dieser zweiten Larvenform, indem die Haut
sich abhebt, jedoch ohne zu bersten, innerhalb derselben, eine Art horniger
Puppenform ohne alle Bewegungsorgane, welche Fabre17
als Pseudochrysalide
bezeichnet und die wie die Nymphe gar keine Nahrung zu
sich nimmt und in Ruhe verharrt. Nach einiger Zeit hebt sich die Hornhaut
abermals ab und es geht als dritte Larvenform eine wiederum weichhäutige,
der zweiten Larvenform sehr ähnliche ebenso vom Bienenbrod
sich nährende Larve hervor, die sich endlich in eine wirkliche Nymphe
verwandelt, aus der der Käfer hervorgeht. Es macht also die Larve,
ehe sie sich zur echten Nymphe verwandelt, vier Formen durch und
zwar drei als Larve und eine als Pseudochrysalide. Diesen merkwürdigen
Verwandlungsgang, der bis jetzt bei keinem anderen Insect, ausser
dieser Käferfamilie beobachtet wurde18,
sah sich Fabre a. a. O. pag. 364.
veranlasst, mit dem Namen Hypermetamorphosis zu benennen.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Die Familie ist
in allen Welttheilen repräsentirt und besonders zahlreich in den wärmeren
Gegenden. Europa zählt 10319
verschiedene Arten mit vielen Varietäten.
Auf Deutschland kommen aber nur 21 Species.20
Genus. Meloë Linné. Oelkäfer.
(Maiwurm.)
Linné, systema naturae. Tom. II. pag. 696.
Characteristik. Ziemlich grosse, dicke ungeflügelte mit verkürzten
Flügeldecken versehenenversehene Käfer von dunkler, metallisch schillernder Farbe.
Der Kopf breiter als das Halsschild, dreieckig. Endglied der Kiefertaster
eiförmig. Fühler elfgliedrig, schnurförmig, beim Männchen
länger und oft durch ein grösseres Glied in der Mitte unregelmässig.
Augen quer nierenförmig.
Das Halsschild klein, rundlich oder viereckig, nach hinten nicht verbreitert;
Schildchen fehlend. Metathorax sehr kurz, Flügeldecken verkürzt,
zuweilen jedoch so lang, oder auch etwas länger als der Hinterleib,
abgerundet, vorn breit, an der Basis sich gegenseitig deckend, nach
den Enden zu allmälig divergirend, grösstentheils runzelig. Flügel fehlend.
Beine ziemlich kurz, stark, zusammengedrückt; Mittelhüften die
hinteren bedeckend. Schienen gegen die Spitzen dreieckig erweitert;
Klauenhälften gleich lang.
Hinterleib im Umriss länglich oval, oft wurmförmig, dick, weich aus
sechs Ventralringen zusammengesetzt.
Die Larven der Meloë sind in ihrer Jugendform von mehreren Arten
schon seit lange bekannt21
und von manchen Naturforschern irrtthümlichirrthümlich
als ein eignes Genus und gute Arten in das Thiersystem eingeführt
worden.22
Ihre weiteren Verwandlungsformen kennt man jedoch
nur von Meloë cicatricosus, dessen Naturgeschichte vornehmlich Newport23
und Fabre24
monographisch abgehandelt haben. Die Primitivlarven
sind, wie schon bei der Familie der Vesicantien überhaupt geschildert,
von horniger Consistenz, langgestreckt, plattgedrückt, dreinzehnringeligdreizehnringelig,
mit scharfen gebogenen Oberkiefern, dreigliedrigen, das Endglied
mit einer langen Borste versehenen Fühlern, zwei Ocellen, weit ausgespreizten
mit scharfen Krallen besetzten Beinen und vier langen vom
Endsegment entspringenden Borsten. (Vergl. Taf. I. Fig. 1.)
Der Kopf ist breit, flachgedrückt, mit gerundetem Vorderrande.
Oberkiefer schlank, fast halbmondförmig gebogen, zugespitzt. Unterkiefer
dick, mit dreigliedrigen Tastern. Fühler dreigliedrig, die zwei ersten
Glieder dick, das Endglied dünner mit langer Borste. Augen (Ocellen)
jederseits eins, hinter den Fühlerwurzeln liegend, hervorragend, gross,
rund.
Die drei Brustringe sind quatratischquadratisch, oben und an den Seiten mit
nach rückwärts gerichteten Borsten besetzt. Beine weit ausgespreitzt;
Hüften kräftig, kurz. Schenkelring deutlich ausgebildet; Schenkel kräftig;
Schienen lang, schlank; die Füsse mit lancettförmigen Krallen versehen,
zu deren beiden Seiten ein beweglicher Dorn eingefügt. Hinterleib zehngliedrig,
gestreckt, schmal, spindelförmig, am Seitenrande eines jeden
Ringes mit starken, steifen, nach rückwärts gerichteten Borsten besetzt,
von denen die vier am vorletzten Abdominalsegment befindlichen sehr
lang sind, besonders die zwei inneren. Letztes Segment mit zwei Nachschiebern.
Stigmen zehn Paar vorhanden, ein Paar auf dem zweiten
Brustringe, neun Paar auf den Hinterleibsringen; die des ersten Abdominalringes
und die des Metathorax sind grösser als die Uebrigen.
Die zweite Larvenform (Vergl. Taf. I. Fig. 2.) besitzt ganz die
äussere Gestalt eines Engerlings, ist weich, fleischig, blind, mit einem
sehr feinen, nur durch die Loupe sichtbaren Flaume bedeckt, mit Einschluss
des Kopfes dreizehnringelig, von welchen Ringen der Metathorax
und die ersten acht Abdominalringe die Stigmen tragen; das letzte
Abdominalstigmenpaar ist etwas kleiner.
Der Kopf ist hornig. Oberlippe hervorragend, trapezisch. Oberkiefer
stark, kurz, stumpf, wenig gebogen, schwindend und jeder innen
mit einem breiten Zahne versehen. Maxillen und Lippentaster dreigliederig.
Fühler am Grunde der Oberkiefer eingelenkt, dreigliederig, das
erste Glied dick, kugelförmig, die folgenden viel dünner, cylindrisch.
Füsse kurz, jedoch ziemlich kräftig mit einem starken Nagel versehen,
zum Kriechen und Graben tauglich.
Die Pseudochrysalide ist dreizehnringelig, hornig, von dickem plumpen,
etwas gekrümmtem Körperbau, auf der Rückseite stark convex, auf
der Bauchseite flach. Rück- und Bauchseite von einer hervorragenden
eingefassten Wulst getrennt. Der Kopf stellt eine Maske dar, an der
einige unbewegliche Erhabenheiten übereinstimmend mit den zukünftigen
Theilen des Kopfes unbestimmt ausgeprägt sind. Füsse fehlen, anstatt
dieser drei Paar Tuberkeln auf dem Thoraxsegment. Stigmen neun Paar,
ebenso vertheilt, wie bei der zweiten Larvenform. (Vergl. Taf. I. Fig. 3.)
Die dritte Larvenform stimmt mit der zweiten überein. Die Nymphe
hat keine besonderen Auszeichnungen. (Vergl. TafTaf. I. Fig. 4.)
Lebensweise. Die Oelkäfer trifft man auf Wiesen, Feldern, an Bergabhängen,
Steinen, im lichten Gehölz, auch, wie wohl selten, in Gärten,
meist an Orten von leichter Bodenart. Sie sind Standthiere, die fast
alljährlich auf derselben Stelle vorkommen und im Mai, in manchen
Jahren auch schon im April erscheinen und etwa bis Ende Juni leben.
Ihre Nahrung besteht aus niederen Pflanzen, vorzüglich jungen weichen
Gräsern, Löwenzahn, Veilchen u. s. w., die sie mit grosser Gefrässigkeit
Morgens und gegen den Abend verzehren, wobei sie oft das Futter mit
einem Vorderfusse, besonders mit den Schienbeindornen desselben festhalten
und häufig im Fressen eine Pause machen, um mit den Vorderfüssen
die Fühlhörner und Fressspitzen von oben nach unten zu streicheln.
Während der Mittagshitze verbergen sie sich vor der Sonne ins Gras,
nur an trüben Tagen trifft man sie auch in den Mittagsstunden herumkriechend
und Nahrung zu sich nehmend. Ihre Bewegungen sind ziemlich
plump und unbeholfen, indessen vermögen sie Fuss- und ein Paar
fusshohe Pflanzen zu erklimmen, indem sie beim Klettern die Pflanze
mit ihren Füssen umklammern. Bei der Berührung ziehen sie die Beine
und Fühler an sich und lassen aus allen Kniegelenken einen scharfen,
ätzenden auf zarter Haut schnell Blasen ziehenden, gelben, wie Oel aussehenden
Saft, welcher schwer zu vertilgende Flecke auf Haut und Kleider
macht und der zum Theil aus Cantharidin besteht, hervorquellen.
Seine hellgelben Eier legt das Weibchen in ein über ein Zoll tiefes
Loch, welches es in nicht zu losem, aber auch nicht zu festem Erdboden
mit den Vorderfüssen gräbt, während es mit den Hinterbeinen und dem
Hinterleibe die ausgescharrte Erde wegschiebt. Ist das Loch schon ziemlich
tief gegraben, so sucht es durch kreisförmige Bewegungen mit dem Körper
dasselbe zu runden, wobei es mit der Arbeit von Zeit zu Zeit inne hält,
um auszuruhen. Wenn die Erde sich vor der Oeffnung in grosser Menge
angehäuft hat, so kriecht das Thierchen sehr häufig heraus und vertheilt
die Erde auf den Seiten, damit sie das Loch nicht wieder verschütte.
Ist das Loch endlich von der nöthigen Grösse gegraben worden, so
kriecht das Thierchen aus demselben heraus und setzt sich jetzt mit dem
Hinterleibe in dasselbe, so dass nur der Kopf und die Vorderfüsse, welche
an dem Lochrande wie angeklammert ruhen, zu sehen sind. In dieser
Lage und unter abwechselnden Taster- und Fühlerbewegungen setzt
es die Eier in mehreren Absätzen haufenweise ab. Nachdem dies geschehen,
schiebt es mit den Vorderfüssen die am Lochrande sich befindliche
Erde gegen sich und bemüht sich, allmählich aus der Oeffnung
herauszukriechen. Ist es herausgekrochen, so schiebt es mit den Vorderfüssen
so viel Erde auf das Loch und drückt sie gleichzeitig mit den
Hinterfüssen und dem Hinterleib an, bis das Loch vollständig damit bedeckt
wird. Während dieser für das Thierchen sehr mühsamen Arbeit
ruht es mehrmals aus. So bald es nur mit seinem Geschäft zu Ende ist,
sucht es sich von diesem Ort schleunigst zu entfernen und fängt sehr
bald darauf zu fressen an. Uebrigens lebt es nach dem Ablegen seiner
Eier nur noch wenige Tage.25
Je nach der mehr oder weniger günstigen Lagerstätte entwickeln
sich die Eier nach 2826
bis 42 Tagen und die sehr lebhaften Lärvchen
kriechen aus der Erde heraus und begeben sich sogleich gesellschaftlich
auf die verschiedensten Blumen, besonders Compositen (Taraxacum
officinale), Cruciferen (Raps, Rübsen), Papilionaceen (Esparsett) und Labiaten
(Ajuga). Hier harren sie, in den Blüthen zwischen den Antheren
versteckt, wie es schon früher bei der Familie erwähnt wurde, auf eine
Biene27, um sich an diese festzuklammern und in ihren Bau schleppen
zu lassen. Die Larven einiger besteigen hierbei meist den Thorax der
Biene und halten sich hier mit Hülfe ihrer sehr spitzen Kiefern und
scharfen Fusskrallen an den Haaren und Borsten fest. Andere bohren
sich mit dem halben und ganzen Körper in die übereinander liegenden
Leibesschienen oder auch zwischen die Halsringe der Biene ein. Die
letzteren verursachen dadurch oft den Tod der Biene, indem sie den
besonders zarten Wachsapparat irritiren. Im Uebrigen ist die Lebensweise
schon bei der Schilderung der Familie erwähnt worden, das Speciellere
wird bei den betreffenden Species angeführt werden.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Die Gattung
Meloë ist mit Ausnahme von Australien in allen
WeltheilenWelttheilen und Zonen
verbreitet. Europa zählt 2228
Arten mit mehreren Varietäten, von diesen
Arten kommen auf Deutschland allein schon 13 Species.29
Meloë variegatus, DonowanDonovan. Bunter Oelkäfer.
Taf. I. Fig. 5 (♂), 5 a.
DonowanDonovan, Brit. insects Tab. 67. — Mart.,
Engl. Entom. Tab. 39. Fig. 1. — Leach,
Transact. of the Lin. soc. vol. XI. pag. 37. Tab. VI. Fig. 1. 2, ibid.
pag. 243. — Brandt u. Ratzeburg, Medic. Zool. pag. 107. Taf. XVI. Fig. 6.
(♀). — Brandt u. Erichs. Monogr. Gen. Mel. (Nov. act. acad. Leopold. Carol.
Nat. Cur. Tom. XVI. pag. 128.)
Meloe majalis Fabricius, syst. Eleuth. II. pag. 588, syst. entom. pag. 259, Spec.
insect. I. pag. 327. 2, Mantis. insect. pag. 215 (excl. diagn. et citat. Linnaei)
Panz. Faun. German. pag. 10. Tab. 13. — Oliv. Ins. n. 45. 6. Tab. I.
Fig. 4a, b u. Tab. II. Fig. 4c. — Meyer, Tentam. Monogr. gen. Meloe pag.
17. n. 3. — Latr. gen. crust. et insect. pag. 218.
Meloë scabrosus, Marcham. Entom. Brit. I, pag. 483. u. 5. — Gyllenh. Ins. suec.
T. I. P. II. pag. 484.
Meloë secundus, Schaeffer icon. Tab. 3. Fig. 6 (Figura pessima.)
Meloë proscarabaeus var. I. Walckenaer, Faun. Paris. I. pag. 267.
Die Larve. Frisch. Beschreib. v. allerlei Ins. Deutschl. Bd. VI. pag. 14. Tab. 6.
Characteristik. Metallisch grün oder bläulich, mehr oder weniger
mit Purpur untermischt, grob punktirt und gerunzelt. Halsschild quer,
nach hinten etwas verschmälert mit wenig aufgetriebenen Rändern. Flügeldecken
runzlig, schwärzlich grün mit röthlichem Schimmer, am Grunde
gestreift. Bauchringe oberhalb in der Mitte metallisch purpurfarben. — Länge
5 bis 12‴, Breite 3,5 bis 5‴.
Die Primitivlarven sind 1,2‴ lang, glänzend schwarz mit stumpfdreieckigem
Kopf, im Uebrigen der beim Genus Meloë gegebenen Characteristik
gleichkommend. Die späteren Formen sind bis jetzt unbekannt.
Lebensweise. Der Käfer führt die Lebensweise, wie sie überhaupt
der Gattung Meloë zukommt und beim Genus geschildert wurde.
Er ist nächst dem folgenden in den meisten Gegenden Europas der gemeinste
Oelkäfer.
Die Larven erscheinen in manchen Jahren in unglaublicher Menge,
vorzüglich auf den Esparsettblüthen, Löwenzahn und Ajuga und überfallen
mit einer rasenden Geschwindigkeit die von diesen Blüthen Honig
und Pollen einsammelnden Bienen, namentlich auch unsere Honigbiene
in grösserer Menge. Sie hängen sich nicht einfach an die Haare der
Bienen an, was die Larven anderer Meloëarten thun, sondern sie dringen
mit ihrem Körper mit Hülfe der scharfen Oberkiefer und
Fusskrallen zwischen die schuppenförmig über einander liegenden Schienen der
Bauchringe und zwischen die Kopf-, Prothorax- und Mesothoraxringe.
Sie bohren sich oft so tief ein, dass ihr ganzer Körper versteckt erscheint
und irritiren dabei die zarten Wachshäute oder die Ringhäute
des Kopf- und Bruststückes der Biene, wodurch diese unter starken
Zuckungen und Schmerzen stirbt. Die Bienen können sich ihrer von
selbst gar nicht entledigen, schleppen sie in ihre Stöcke und man findet
sie hier in grosser Menge auf dem Boden des Stockes an den todt oder
noch sterbend liegenden Bienen und im Gemüll, in den Fugen des Stockes
an den Wänden u. s. w. lebend und sich lebhaft bewegend oder auch
todt und eingetrocknet. Zuletzt sterben sie alle, wahrscheinlich Hungers,
weil die Bienen sie in ihre Zellen nicht gelangen lassen; schwerlich
aber aus dem Grunde, weil ihnen nur die Nester der Anthophoren
als Wohnstätte, in der sie ihre weitere Entwickelung durchmachen, angewiesen
seien, wie es z. B. ausser Newport, Transactions of the Linnean
society vol. XX, pag. 319, auch von Siebold, Bienenzeitung, Jahrgang
X, N. 8, ausspricht. Denn ich habe z. B. in einem faulbrütigen
Stocke, der fast gänzlich bienenleer war, von Meloë proscarabaeus zwei
Larven in der zweiten Verwandlungsform angetroffen, was ein handgreiflicher
Beweis ist, dass die Meloëlarven, wenn ihnen nur die Möglichkeit
geboten wird, auch in dem Bau der Honigbienen leben können.
(Siehe weiter bei der genannten Art.)
Geographische Verbreitung. Der Käfer ist in ganz Europa,
Nord- Westasien und dem Kaukasus verbreitet, jedoch nicht überall so
häufig, wie z. B. in Deutschland.
Apistische Bedeutung. Wie aus der Schilderung der Lebensweise
ersichtlich, ist die Larve dieses Käfers, wenigstens die Primitivlarve
den Bienen sehr schädlich und wohl die bis jetzt gefährlichste
bekannte aller Meloëlarven. In manchen Jahren, wenn sie in grosser
Menge erscheint, wimmeln die Bienen von ihr und man sieht mehrere
Schritt im Umkreise um die Bienenstöcke herum todte und unter den
schrecklichsten ColvulsionenConvulsionen sterbende Bienen zu mehreren Hunderten, ja
zu Tausenden liegen. Und wie viele mögen nicht schon auf der Tracht
von ihnen umkommen! Aber nicht blos die Arbeitsbienen, sondern auch
die Königinnen werden von diesen Thieren geplagt. Sie gehen von den
Arbeitsbienen, die sie, wie schon oft erwähnt, in die Stöcke importiren,
auf die Königinnen über und verursachen durch ihr Einbohren in die
Gelenke auch den Königinnen den Tod.30
Ich selbst habe nur einmal Gelegenheit gehabt, an meinen Bienen
im Gouvernement Smolensk diese Meloëlarven zu beobachten. Im Jahre
1861 vom 5. Juni neuen Styls an bemerkte ich die Arbeitsbienen meiner
neun Stöcke, welche im Porjetscher Kreise auf einer Haidefläche standen,
an der sogenannten Toll- oder Maikrankheit befallen. Einzelne
Bienen stürzten aus den Stöcken, fielen vor dieselben hin und drehten
sich von Schmerzen geplagt, auf dem Boden im Kreise herum, ohne
wieder aufzufliegen, starben jedoch nicht gleich, sondern blieben vor den
Stöcken über Nacht liegen und verendeten erst den folgenden Tag.
Auch viele von der Tracht zurückkehrenden Bienen fielen ermattet und
starben unter convulsivischen Bewegungen. Nachdem ich einige von den
Bienen aufhob und genauer betrachtete, fand ich, wie oben geschildert,
in jeder Biene einige, in manchen sogar bis achtzehn Meloëlarven zwischen
die Bauchringe, in einigen Ringen sogar zwei Larven eingedrungen.
Von Tag zu Tag mehrten sich die Todesfälle der Bienen, so dass
vor einzelnen Stöcken den Tag über bis 200 Bienen todt oder krank
lagen. Bis zum 15. Juni hielten die Sterbefälle gleichen Schritt, von da
an nahm das Sterben allmählich immer mehr ab und hörte den 2. Juli
ganz auf. Königinnen wurden von den Meloëlarven, wie das bei Köpf
geschah, nicht belästigt, wohl aber viele Drohnen, auf die sie jedenfalls
von den Arbeitsbienen hinübergingen und die auch starben. Ebenso
gingen sie auf die jungen und sogar ganz jungen, eben erst aus den
Brutzellen herausgekrochenen Bienen von den Trachtbienen, welche die
Larven in den Stock importirten, über und verursachten diesen den Tod.
Im Innern des Stockes auf dem Boden befanden sich ebenfalls viele
todte und sterbende Bienen. Die Meloëlarven hatten sie meist verlassen
und hielten sich versteckt im Gemüll, andere waren im Stock zerstreut,
die meisten drangen aber durchs Flugloch und besonders durch die
Spalten des Stockes aus diesen wieder heraus.
Von den Trachtbienen starben meist blos diejenigen, welche Honig
einsammelten, weniger von denen, die mit Pollen ankamen. Dies rührte
daher, weil die Larven von Meloë variegatus in meiner Gegend vorzüglich
auf Ajuga genevensis anzutreffen waren und die Honig einsammelnden
Bienen die Blüthen dieser Pflanze in jenem Jahre sehr viel besuchten,
was sonst eigentlich nur selten geschieht, da die Nectarien bei Ajuga
tief liegen und der Rüssel unserer Honigbienen im Verhältniss zu vielen
anderen Bienen kurz ist. Von welchen Pflanzen die polleneinsammelnden
Bienen die Meloëlarven mitbrachten, konnte ich mit Gewissheit
nicht ermitteln, da die Meloëlarven auf den verschiedensten Blüthen anzutreffen
sind und ebenso auch die Bienen von sehr verschiedenen Blüthen
Pollen einsammeln. Doch glaube ich, dass die Bienen die Larven
von Fragaria collina, von welcher Pflanze sie Blüthenstaub einsammelten
und von welcher ich mehrere Larven von Meloë variegatus abkötscherte,
herholten.
Die durch diese Meloëlarven verursachten Krankheits- und
Sterbefälle der Bienen
glichen so sehr den Symptomen der sogenannten Tollkrankheit,
welche von bisher noch unbekannten Ursachen entstehen soll
und in manchen Gegenden und Jahren die Bienenstöcke sehr herunterbringt,
dass ich durchaus kein Bedenken finde, diese Krankheit mit der
durch die Larven der Meloë variegatus hervorgebrachten zu identificiren.
Etwas würde dagegen wohl sprechen, nämlich, dass der grösste Bienenzüchter
unserer Zeit, der geniale, scharfsichtige Dzierzon an seinen Bienen
nie Meloëlarven beobachtet hatte, während ihm die Toll- oder Maikrankheit
der Bienen häufig vorgekommen ist. Dzierzon ist der Ansicht,
dass die Tollkrankheit theilweise vom vergifteten Honig herrühre, den
böswillige Bienenhalter den Bienen bei Raubanfällen vorsetzen. Aber
auch die Natur selbst soll, seiner Ansicht nach, schädliche Blumensäfte
spenden, namentlich gegen Ende der Baumblüthen, wenn der Apfelbaum
und die Eberesche blühen, gehen alljährlich bald mehr, bald weniger
Bienen an dieser Krankheit zu Grunde, vorzüglich die jungen Bienen,
welche die Zellen vor Kurzem verlassen haben.31
Die Krankheit wurde
überhaupt seit lange32
von vielen Bienenzüchtern beobachtet und als
mehr oder weniger gefährlich geschildert. Die eigentliche Ursache konnte
man aber, wie schon bemerkt, nicht ergründen. Es würde Manchem
allerdings als gewagt erscheinen, wenn ich die Ansicht Dzierzons verwerfe
und die Tollkrankheit von den Larven der Meloë variegatus
Donow.Donov. ableite. Warum sollten aber nicht die Meloëlarven, zumal da
sie sich so tief in die Bienen einbohren, dass man sie gar nicht bemerkt,
und wenn im Bienenstock anwesend, diesen sehr bald verlassen, Dzierzons
scharfem Blick entgangen sein? Gab es denn nicht genug scharfsichtige
Beobachter, denen so manches Wichtige entging, was von minder
scharfsichtigen nachgetragen wurde? Sind denn überhaupt die Meloëlarven,
wie man das oben gesehen hat, nicht schon längst an den Bienen
beobachtet worden? Aber die grosse Schädlichkeit derselben blieb
bis auf Köpf 185733
unbekannt. Sollten denn aber wirklich die Meloëlarven
nur im Jahre 1857 und zwar bei Köpf allein als den Bienen
schädlich aufgetreten sein? Gewiss nicht! Es fehlte blos an sorgfältigen
Beobachtungen. Gerade, dass meist die jungen Bienen der Tollkrankheit
unterliegen, bestärkt mich noch mehr in meiner Ansicht, dass
die Meloëlarven diese Krankheit hervorbringen, weil die jungen Bienen
eine noch sehr zarte Haut besitzen und die Meloëlarven diese
daher viel leichter irritiren, während manche ältere Biene oft ohne grossen
Schaden davonkommt. Auch die Jahreszeit, in welche die Tollkrankheit
fällt, nämlich in wärmeren Gegenden im Mai, in kälteren im Juni, spricht
für meine Ansicht. Um diese Zeit trifft man gerade auch die Meloëlarven,
die sich in wärmeren Gegenden früher, in kälteren später zeigen, nirgends
aber nach dem Monat Juni, zu welcher Zeit auch die Tollkrankheit
nicht beobachtet wurde.
Ich möchte aber das Entstehen der Tollkrankheit bei den Bienen
nicht allein diesem Insekt zuschreiben, sondern es dürfte noch ein anderes
Thier, ein Endozoon aus der Ordnung der Gordiaceen, diese Krankheit
hervorbringen, namentlich Mermis albicans de Sieb. und vielleicht
auch noch Gordius subbifurcus Sieb., doch von diesen weiter an den
betreffenden Stellen.
Prophylaxis. Um die Bienen vor den Angriffen der Meloëlarven
zu schützen, ist es das Gerathenste, wenn jeder Bienenzüchter in seiner
Gegend auf die Vertilgung der Oelkäfer ausgeht. Tödtet er ein Weibchen
dieses Käfers, so hat er zugleich gegen 5000 Larven vertilgt, da
der Eierstock gegen 5000 Eier zählt. Freilich wird es damit fast ebenso
gehen, wie mit den Maikäfern: Man sammelt in Deutschland alljährlich
und in manchen Jahren Millionen von denselben, ohne dass es bis jetzt
möglich wäre, sie gänzlich auszurotten. Es werden daher die Bienen
immerhin mehr oder weniger von den Meloëlarven zu leiden haben.
Sieht man aber die Bienen mit diesen Insekten behaftet in ihren Stöcken
ankommen, so unterlasse es der Bienenzüchter ja nicht, die vor den
Stöcken und in den Stöcken auf dem Boden liegenden todten oder sterbenden
Bienen nebst allem Gemüll aufzulesen und auszukehren und in
heisses Wasser oder in's Feuer zu werfen, damit die Meloëlarven, die
sich auf den Bienen befinden, umkommen und sich nicht im Stock auf
andere Bienen begeben.
Meloë proscarabaeus Linné. Gemeiner Oelkäfer.
(Taf. I. Fig. 6 (♂), 6a, 6b.)
Linné, Fauna suecica, pag. 227. n. 826, Syst. naturae II. pag. 697. (ex parte) — Fabr.
syst. Entom. pag. 259. n. 1., Spec. insect. pag. 327., Syst. Eleuther. II.
pag. 587., Mantiss. insect. I. pag. 205. (ex parte). — Villers Entom. I. pag.
397. (ex parte). — Gyllenh. Ins. suec. Cl. I. T. I. P. II. pag. 489. — Marsham.
Entom. Brit. I. pag. 481. n. 4. — Oliv. Entom. III. n. 455. Tab. I.
Fig. Ia., b., c., d., e. — Brandt u. Ratzeb. medic. Zool. pag. 113. Taf. XVI.
Fig. 4. (♂), (5♀)5 (♀). — Brandt u. Erichs. Monogr. generis Mel. (Nod. act.
Acad. Leop. Carol. Nat, curios. Tom. XVI. pag. 113.)
Meloë atra, Meyer. Tentam. monogr. gener. Mel. pag. 15. Fig. 2.
Cantharis proscarabaeus varietas nigra, De Geer, Ins. V. pag. 3. n. 1. Fig. 1.;
Uebers. v. Götze, Bd. 5. pag. 237.
Meloë primus, Schâffer, icon. Tab. III.
Fig. V., Abbild. u. Beschreib. des Maiwurmkäfers,
Fig. I. III.
Meloë tecta, Panz. Faun. German. 10. Fig. 14., Crit. Revis I. pag. 140.
Die Larve: Réaumur, Mém. IV. Mém. II. pag. 490. Tab. 31. — De Geer, Mém. V.
Mém. I. Tab. I. — Zenker, Klopffleisch und Kürschner: Die Biene und
die Bienenzucht (1836) pag. 24. Tab. III. Fig. 54. 1. 2. (Figura pessima!) — Von
Sieb. Stett. entom. Zeit. Jahrg. 141. pag. 130.
Characteristik. SchzwarzblauSchwarzblau
mit violettem Schimmer, grubig punctirtem
Kopf und Halsschilde, letzteres fast quadratisch, nach hinten leicht
verengt. Flügeldecken wurmartig gerunzelt. Das sechste und siebente
Fühlerglied beim Männchen verdickt. Länge 5 bis 12‴, Breite 2,7 bis 5‴.
Die Primitivlarve ist etwas kleiner als die des vorigen Käfers, etwa
nur 1‴ lang mit mehr abgerundetem, fast rundlichem Kopf, von gelblichweisser
oder auch mehr gelber Farbe, im Uebrigen der des vorigen
Käfers gleich. In der zweiten Form ist sie 6‴ lang, gelblichweiss, sonst
ganz mit der beim Genus Meloë characterisirten übereinstimmend. Die
weiteren Formen sind unbekannt.
Lebensweise. Die Lebensweise dieses Käfers kommt mit dem
vorigen überein. Er ist der gemeinste Oelkäfer in ganz Europa.
Die Larven trifft man ebenfalls auf den verschiedensten Blüthen (ich
habe sie auch auf Raps und Rübsen beobachtet), wo sie auf die Bienen
lauern, um sie zu besteigen. Sie bohren sich aber nicht in die Gelenke etc.
der Bienen ein, wie es die Larven der vorigen Käferart thun, sondern
sie halten sich am oberen und unteren Theil des Bruststücks der Bienen
an den Haaren fest. In den Stock gelangt, begeben sie sich, wenn
sie von den Bienen nicht gehindert werden, in die Zellen, fressen hier
wahrscheinlich nach der Lebensweise in den Anthophora-Nestern zu urtheilen,
ein Bienenei auf und gehen vielleicht dann in eine mit Bienenbrod
gefüllte Zelle, wo sie so lange verbleiben, bis sie das Material verzehrt
haben und dann weiter in andere Zellen wandern. Denn eine einzige
mit Bienenbrod angefüllte Zelle kann ihnen unmöglich bis zu ihrem völligen
Wachsthum ausreichende Nahrung gewähren.
Ich habe die Lebensweise der Larven in den Bienenstöcken nicht
verfolgen können und fand überhaupt nur einmal in einer faulbrütigen,
fast bienenleeren Klotzbeute beim Herausschneiden der Wachswaben
zwei sechs Linien lange Meloëlarven in zweiter Form, die aus den Zellen
herausfielen. Ich bin nicht einmal im Stande mit Gewissheit anzugeben,
ob es die Larven von Meloë proscarabaeus waren, weil die Larven,
trotz aller angewandten Mühe sie zu erziehen, nach einigen Tagen schon
starben, glaube es aber desshalb annehmen zu müssen, weil ich Ende
Mai an den Bienen meiner Stöcke die Primitivlarve von Meloë proscarabaeus
beobachtete und überhaupt in jener Gegend (es war im Gouvernement
Moskau bei Podolsk) noch nie einen anderen Meloëkäfer antraf.
Dass diese Meloëlarven im Stocke überhaupt so lange verweilen
konnten, dass sie in das zweite Lebensstadium übergegangen sind, ist
gewiss nur dem Umstande zuzuschreiben, weil der Bienenstock krank
war und die wenig übrig gebliebenen Bienen die Meloëlarven nicht verfolgten.
Ob diese Larven wohl, wenn ich den Wabenbau des Stockes
nicht ausgeschnitten hätte, in demselben alle Stadien durchgemacht hätten,
kann ich definitiv nicht beantworten. Mir scheint es fast, als ob dies nur
dann stattfinden könnte, wenn die Primitivlarve gerade auf einer Wabe
ihren Wohnsitz genommen hätte, wo alle angrenzenden Zellen mit Bienenbrod
versehen wären, wo dann die Larve, wenn sie in einer Zelle
das Futter verzehrt hätte, gleich in der angrenzenden ihren Frass weiter
fortsetzen könnte. Denn eine grössere Strecke auf den vertikal hängenden
Waben vermögen die Larven in der zweiten Form nicht zurückzulegen,
sondern fallen auf den Boden herunter, wo sie dann sicherlich
umkommen. Bei mir, wo sich die Larven in einem Zuckerglase befanden,
in welches ich eine kleine Wabe mit Bienenbrod senkrecht einstellte,
versuchten sie mehrmals diese zu erklimmen, fielen aber regelmässig
von der fünften Zelle wieder herunter. Zuletzt krochen sie in
die erste Zellenreihe, wo sie auch bis zu ihrem Tode verweilten.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Dieser Käfer hat
mit dem Vorigen dieselbe Verbreitung, ist aber noch viel häufiger als
Jener.
Apistische Bedeutung. Die Larven dieser Meloëart schaden den
Bienen nicht so wie die der vorigen Art, weil sie sich nicht zwischen
die Gelenke und den Wachsabsonderungsapparat einbohren, sondern, wie
oben angegeben, auf dem Brustkasten sich an die Haare der Bienen
festklammernd aufhalten. Sie bringen daher den Bienen nicht den Tod
herbei, indess fallen sie ihnen doch lästig, weshalb der Bienenzüchter
auch diesen Käfer zu vertilgen suchen muss.
Ordnung. Diptera Linné. Zweiflügler.
(Antliata Fabricius.)
Familie. Phoridae Latreille. Phoriden.
Latreille, hist. natur. génér. et partic. des crustac. et ins. Tom XIV. pag. 394.
Charakteristik. Kleine bis mittelgrosssemittelgrosse, sehr flink herumlaufende
Fliegen, von buckelartigem Körperbau, ähnlich dem der Käfergattung
Mordella.
Der Kopf freistehend, sehr kurz, vorn flachgedrückt, selten von der
Breite des Rückenschildes, mit breiter Stirn, sehr kleinem Untergesicht,
grosser Mundöffnung und kräftigem, fast hornartigem mit schmalen Saugflächen
versehenem Rüssel. Taster hervorstehend, gross, häufig flachgedrückt,
borstig. Fühler dicht über dem Mundrande eingesetzt, sehr kurz,
dreigliederig, walzenförmig; das dritte Glied rund, in seltenen Fällen
konisch, mit nackter oder feinhaariger Rücken- oder Endborste. Augen
gross, nackt oder feinhaarig. Nebenaugen drei vorhanden, am Scheitel
stehend. Rückenschild vorn ein wenig verschmälert, meist stark und oft
buckelartig gewölbt. Schildchen grösstentheils klein, im Umriss halbmondförmig.
Flügel gross, zur Zeit der Ruhe dem Leibe parallel aufliegend,
mit starkem Lappen, am Vorderrande zwei dicken, bis zur Flügelmitte
reichenden Adern aus denen drei bis fünf zarte Zweige entspringen,
und sich in verschiedenen Richtungen bis zum Rande erstrecken.
Die dicken am Vorderrande befindlichen Adern entsprechen der ersten
und dritten Längsader, die Letztere ist vorn häufig gegabelt; unterhalb
oder vor der Gabel entspringt aus ihr der erste Zweig, welcher als die
Fortsetzung der ersten Längsader zu betrachten ist. Die Basalzelle ist
verschmolzen, doch bei genauer Prüfung immerhin wahrnehmbar, vorn
ist sie durch eine von der dritten Längsader schief herab und nach innen
gehende dicke Ader, der kleinen Querader, begrenzt. Bei der Abzweigung
der kleinen Querader von der dritten Längsader nimmt der zweite
zarte Zweig seinen Anfang, welcher der vierten Längsader entspricht;
die beiden folgenden Zweige entsprechen der fünften und sechsten Längsader.
Die Analader ist oft gar nicht vorhanden. Die Schwingen freistehend,
blattartig oder geknöpft; die Schüppchen nur angedeutet. Beine
stark, mit verlängerten Hüften, breiten, plattgedrückten Schenkeln, oft
etwas gebogenen Hinterschienen, stark verlängerten Fusswurzeln, zarten
Klauen und deutlichen Ballen.
Der Hinterleib ist sechs- bis siebenringelig, meist etwas kurz, vorn
breit, nach hinten verschmälert, etwas abwärts gebogen, manchmal auf
der Mitte eingedrückt. Geschlechtstheile des Männchens ein wenig vorstehend,
häufig kolbig und am Bauche mit einer buckelartigen Erhebung
oder mit griffelartigen Organen versehen. Die Legröhre vorragend.
Die Larven vieler Arten sind bekannt, sie sind eucephal, amphipneustisch,
walzig, murikat (die der Phora incrassata nur durch die Loupe
gesehen), von Farbe weiss. Hinten schief gestutzt und hier mit murikaten
Fleischzähnen und am After mit zwei turbinaten Erhöhungen versehen.
Die Puppen sind Pupae obtectae, mehr oder weniger elliptisch, an
den Enden niedergedrückt, an den Seiten gerandet, auch wohl gekerbt,
und bei manchen mit Zähnen versehen. Kopf- und Aftergegend rund,
mit Zähnen besetzt. Prothorax-stigmata durch mehr oder weniger lange
feine tubulose Hörnchen vertreten.
Lebensweise. Die Fliegen trifft man auf Blumen, Blättern der
verschiedensten Pflanzen, an Baumstämmen, Planken und sogar an den
Fenstern unserer Wohnungen. Die meisten von ihnen ziehen das Laufen
dem Fliegen vor, andere dagegen unternehmen stundenlange Tänze unter
Baumkronen oder in der Nähe der Hecken und Sträucher. Viele
leben einzeln, andere gesellig und oft in grossen Schwärmen.
Die Larven leben theils parasitisch von den mannigfachsten Insecten,
ihren Larven und Puppen, theils von verwesenden vegetabilischen Stoffen,
faulen Kartoffeln, Möhren, Rettig und verschiedenen Pilzen, seltener von
faulenden animalischen Körpern (todten Schnecken). Es sind daher meist
nützliche Insekten und nur die Larven der Phora incrassata haben sich
bisher als schädlich erwiesen durch ihren Parasitismus in den Larven der
Honigbiene.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Die exotischen
Arten sind noch sehr ungenügend bekannt. Europa repräsentirt gegen
90 bis jetzt bekannte Species aus den verschiedensten Gegenden.34
Genus. Phora Latr. Phora.
Latreille, hist. natur. génér. et partic. des crust. et ins. Tom. XIV. pag. 394.
Charakteristik. Meist kleine Fliegen von buckeligem Aussehen
und schwarzer, dunkelbrauner oder rostgelber Färbung.
Kopf gesenkt, halbrund; Stirn langborstig. Letztes Fühlerglied rund
oder rundlich, gross mit nackter oder haariger aufgerichteten Rückenborste.
Ocellen im Dreieck stehend. Rückenschild stark, gewöhnlich
hoch gewölbt, ohne eine Quernath. Schildchen klein. Mittelschienen
auf der Aussenseite grösstentheils nackt oder höchstens mit einzelnen
Borsten besetzt.
Lebensweise. Die Fliegen findet man selten auf Blüthen und
Bäumen, meist auf Blättern niederer Pflanzen, an Planken und Fenstern
unserer Wohnungen. Sie haben einen nur kurzen Flug und fliegen überhaupt
sehr ungern, laufen aber dafür mit einer ungeheuren Schnelligkeit
umher. Von der Lebensweise der Larven gilt hier dasselbe, was schon
früher bei der ganzen Familie erwähnt wurde.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. In Europa in
allen Ländern verbreitet. Die Artenzahl der bis jetzt bekannten beträgt
über achtzig, so dass also das Genus Phora bei Weitem die meisten
Species der genannten Familien umfasst.35
Phora incrassata Meigen.
Tafel I. Fig. 4-6.
Meigen, Syst. Bearb. der zweifl. Ins. Tom. VI. pag. 212. Taf. 65. 5.
Fallen, Diptera, Suec. Phytomyz. pag. 6. (Var. Mordellaria).
Schiner, Fauna Austriae., Diptera, pag. 338.
Charakteristik. Glänzend schwarz, Hinterleib matt grau, der erste
Ring weisslich, die Einschnitte der mittleren Ringe manchmal gelblich
braun gesäumt. Der Kopf ist schwarz, die Stirn am Scheitel mit einem
deutlichen Höcker. Taster, Rüssel und Fühler schwarz oder
schwarzbraun, das letzte Fühlerglied klein.
Augen sehr feinhaarig. Schwinger
schwarzbraun. Flügel glashell mit gelber Wurzel, der Grund des Vorderrandes
kurz gewimpert. Erste Längsader im Beginn des Verlaufs
der dritten nahe liegend, die Mündung von dieser weit entfernt. Vier
Längsadern auf der Flügelfläche, die obersten sehr stark bogenförmig,
aus der dritten entspringend, im weiteren Verlauf gerade. Aus der dritten
Längsader, nahe am Vorderrande setzt sich eine Flügelfalte deutlich
fort, welche man fast als fünfte Längsader betrachten könnte. Beine
pechschwarz. Die Vorderschenkel mit Ausnahme des Grundes, die Vorderschienen
und Vorderfüsse rostgelb. Die Schienen der Vorderbeine aussen
mit zwei bis vier starken Borsten, die der Mittel- und Hinterbeine mit
je einer, die der letzteren manchmal mit zwei Borsten und ausserdem
noch mit Spornen versehen. Hinterbeinfersen innen gewimpert, an der
Spitze mit einer langen Borste besetzt. — Länge 1,5 bis 2,0‴, Breite
mit ausgespannten Flügeln 2,8 bis 3,8‴.
Die Larve (Taf. II. Fig. 4) ist dreizehnringelig, walzenförmig, fein
murikat, vorn spitz, hinten verbreitert, schräg abgestutzt, von Farbe glänzend
weiss, wenig pellucid. Der Kopf ist sehr klein, rundlich, sehr
zurückziehbar, so dass man die Larve mit blossem Auge gesehen, für
acephal halten würde, schwarz, mit kurzen, feinen, dreigliedrigen Fühlern,
deren Endglied kugelich. Die Prothoraxstigmata pyramidalisch vorstehend,
etwas nach unten gerückt. An jeder Seite des Prothoraxringes
befindet sich eine ansehnliche Borste. Am Afterrande befinden sich sechs
kurze Fleischzähne, von welchen das zweite Paar das längste und mit
feinen braunen Härchen besetzt ist. Stigmenträger braun. Dicht am
After stehen zwei kugelförmige Erhöhungen. — Länge 1,6‴, Breite an
der breitesten Stelle (am letzten Leibesringe) 0,6‴. Die Puppe (Taf. II.
Fig. 5) ist auf der Rückseite acht-, auf der Unterseite siebenringelig,
länglich-oval, an beiden Enden stumpf zugespitzt, mit hervorragendem
gekerbtem Rande; oben auf der Rückseite des Leibes abgeflacht, der
vordere Theil nach vorn geneigt, unten überall gleichmässig und stark
gewölbt. An der Vorder- (Kopf-) und Endspitze mit vier und beiderseits
an jedem Ringe mit einem Zähnchen versehen. Die beiden Prothoraxstigmen
als zwei kleine etwas seitwärts gekehrte tubulose Hörnchen
erscheinend. Färbung schmutzig gelb, etwas durchsichtig, so dass
man auf der unteren Seite nach einigen Tagen schon die entwickelten
Flügel und Beine der Nymphe durchscheinen sieht. — Länge 1,5‴,
Breite an der breitesten Stelle 0,8‴.
Lebensweise und Einiges aus der
EntwickelungsgechichteEntwickelungsgeschichte.
Die Fliege, welche man in den meisten Gegenden Deutschlands, in
Schweden und Russland den Sommer und Herbst hindurch, häufiger im
letzteren trifft,36
hält sich meist auf Gesträuch und an Planken auf. In
Russland, in den Gouvernements Moskau und Smolensk, beobachtete ich
sie recht häufig in der Nähe der Bienenstöcke, in welche sie durchs
Flugloch hineinkriecht, um in die Bienenbrut ihre Eier abzulegen. Zum
Eierablegen wählt sie stets nur die unverdeckelte, jedoch schon ziemlich
erwachsene Brut und legt nur ein Ei in jede Bienenlarve.
Dabei verfährt sie auf die Weise, dass sie ihre Legröhre zwischen
die Leibesringe der Bienenlarve steckt und die dort sehr empfindliche
Epidermis durchbohrt und sodann das Ei gleich unter die Haut ablegt.
Das Ei ist nicht so klein, wie man es von einem so kleinen Dipteron
im Allgemeinen zu erwarten hätte. Seine Länge beträgt 0,2‴,
die Dicke am breitesten Durchmesser 0,1‴. Es ist länglich-oval, an dem
einen Pole etwas breiter, abgerundet, am anderen spitz, von Färbung
gelblich weiss. Am abgerundeten Ende befindet sich die Micropyle.
Das Ei liegt in der Bienenlarve nicht, wie man das annehmen sollte,
in verticaler Lage, sondern vollständig horizontal mit dem breiteren abgerundeten
Pole, wo sich die Micropyle befindet, nach dem Kopfende der
Larve gerichtet. Es besteht nur aus einer einzigen Eihaut. Die Membrana
vitellina war nicht aufzufinden. Das Chorion ist mässig dick, fast farblos,
ganz glatt, durchsichtig, so dass der Dotter und Embryo deutlich
hindurch schimmerte. Die Embryonen waren schon gleich nach dem Ablegen
des Eies ziemlich entwickelt37
und lagen im Ei nur wenig mit
dem Hinterleibe gekrümmt, während der Vorderkörper gestreckt war.
Das Kopfende des Embryo konnte man deutlich wahrnehmen. Die Embryonen
füllten fast das Ei aus, nur ein geringer Raum bei den Polen
war frei. Alle Eier enthielten übrigens den Dotter noch in ansehnlicher
Menge, welcher eine gelblichweisse Farbe besass und aus Fettkügelchen
von 0,05‴ und Bläschen von 0,08‴ bestand. Die Bläschen enthielten
eine in Wasser feinkörnig gerinnbare Flüssigkeit, die specifisch schwerer
als das Wasser war, weil sie stets untersank. Fettkügelchen und Bläschen
waren gelblichweiss.
Die HautbedeckuggHautbedeckung der Embryonen war ziemlich undurchsichtig,
weshalb ich den Darmkanal etc. von Aussen nicht beobachten konnte.
Drei Stunden nach dem Ablegen des Eies hatte der Embryo den ganzen
Raum ausgefüllt und nahm eine gestreckte, dem Ei gleiche Form an.
Der Embryo war zum Ausschlüpfen reif. Sehr bald bemerkte man auch
stossweise Bewegungen mit dem ganzen Körper nach dem vorderen Endpole,
durch Zusammenziehen und Wiederausdehnen der Leibesringe hervorgebracht.
Die Bewegungen wiederholten sich immerwährend, nur
durch sehr kurze Ruhezwischenräume wurden sie unterbrockenunterbrochen, dann
aber immer kräftiger werdend. Nach zwei Stunden war die Eihülle bei
dem Micropylpole mit dem Kopf von der Larve durchstossen. Kaum
hatte das Thierchen seinen Kopf aus der Eihülle frei, so fing es auch
schon sogleich an, sich in senkrechter Lage in den Körper der Bienenlarve
tiefer einzubohren, während der grösste Theil des Leibes noch im
Ei steckte. Nach dem Maasse des Einbohrens verliess es auch die Eihülle.
Eine Stunde nach dem Durchstossen des vorderen Eipols war
der ganze Körper der Larve aus dem Ei heraus und zum grössten Theil
in die Fettsubstanz der Bienenlarve eingedrungen. Nach dem Ausschlüpfen
aus dem Ei hatte die Phoridenlarve 0,1‴ an Länge mehr betragen
als das Ei, so dass sie also 0,3‴ mass. Die Dicke dagegen betrug etwas
weniger als der Durchmesser des Eis. Die Länge der Larve hatte also
auf Kosten ihrer Dicke zugenommen, was aber daher rühren mochte,
dass die Larve im Ei zusammengezogen lag. Ihre Gestalt und Färbung
war gleich nach dem Verlassen des Eis dieselbe, wie ich sie bei der
erwachsenen Larve schilderte, nur war die Haut nicht murikat, sondern
die Stacheln waren nur als sehr feine, etwas erhabene Pünktchen angedeutet.
Die Phoridenlarven schlagen in der Fettsubstanz der Bienenlarven,
in die sie sich, wie schon vorhin erwähnt, gleich anfangs einbohren, ihre
bleibende Wohnstätte bis zu ihrem völligen Wachsthum auf. Sie wachsen
äusserst schnell, schon am folgenden Tage nach dem Verlassen der
Eihülle betrug ihre Länge 6,5‴, bei einer Dicke von 0,2‴. 48 Stunden
nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei häuten sie sich zum ersten Mal und es
erschienen mit der neuen Haut auch die sehr feinen Stacheln. 24 Stunden
nach der ersten Häutung erlangen die Larven eine ganz bedeutende Dicke,
während ihre Länge noch dieselbe bleibt. Nach 36 Stunden von der
ersten Häutung an gerechnet, häuten sie sich zum zweiten Mal und das
Wachsthum verdoppelt sich, so dass sie 24 Stunden nach der zweiten
Häutung eine Länge von 1,2‴ und eine Dicke von 0,4‴ erlangen.
Nach abermaligen 24 Stunden sind sie erwachsen und ihre Länge
beträgt jetzt 1,6‴ und die Dicke 0,6‴. Jetzt häuten sie sich zum dritten
und letzten Mal. Etwa zwölf Stunden nach der letzten Häutung
verändern sie ihre Richtung in der Bienenlarve, indem sie mit ihrem
Kopfende sich nach dem Hinterleibstheil der Bienenlarve wenden. Die
Bienenlarve, die anscheinend gesund ist und zu gleicher Zeit mit der Phoridenlarve
ihr Wachsthum erreicht, sich sogar eingesponnen hat, verändert
sehr bald auch ihre Lage und erscheint mit dem Kopfende nach
dem Boden der Zelle gerichtet.
Was für Motive die Bienenlarve wohl bewegen mögen, eine ganz
und gar unnatürliche Stellung einzunehmen, ist schwer zu erklären. Ich
habe es in der Bienenzeitung, Jahrgang 1860 n. 1 dahin gedeutet, dass
durch den Parasitismus der Phoridenlarve, die Bienenlarve Schmerzen
empfindet und sich wahrscheinlich nach allen Seiten krümmt und schliesslich
die sonderbare Lage in der Zelle sterbend einnimmt. Doch nicht
immer sind ja besondere Ursachen nöthig. Warum bespinnt die Raupe
von Pontia crataegi oder Pieris brassicae mit grosser Sorgfalt ihren
Feind, der ihr das Leben nimmt, die aus ihr gekrochenen Larven des
Microgaster glomeratus? Die Natur hat es ihr so vorgeschrieben, ihrem
Feinde eine schützende Decke zu bereiten! Etwa zwölf Stunden, nachdem
sich die Phoridenlarve umgewandt hat, verlässt sie die Bienenlarve,
ihre Epidermis am letzten Leibessegment in der Mitte durchbohrend.
Gewöhnlich, nachdem der halbe Körpertheil der Phoridenlarve in der
Bienenlarve steckt, beginnt sie schon mit ihrem Kopf den Brutdeckel
in der Mitte zu durchbohren. Nur in Drohnenzellen, wo zwischen der
Bienenlarve und dem Brutdeckel ein grösserer Abstand ist, pflegt die
Phoridenlarve erst ganz aus dem Leibe der Bienenlarve herauszukriechen
und dann den Brutdeckel, nicht aber in der Mitte, sondern mehr
an der Seite zu durchbohren. Hat sie den Brutdeckel durchbohrt, so
fällt sie herab auf den Boden des Stockes und verpuppt sich hier im
Gemüll, oder auch wohl ein Theil der Larven kriecht durchs Flugloch
aus dem Stock und verpuppt sich in der Erde. Zwölf Tage nach der
Verpuppung kriecht das vollkommene Insect durch eine dorsale Längsspalte
aus der Puppe heraus.
Apistische Bedeutung. Dies Dipteron ist der gefährlichste
Parasit der Bienen, indem es durch den Parasitismus seiner Larve die
schlimmste Krankheit der Bienen, die sogenannte Faulbrut hervorbringt.
Hat nämlich die Phoridenlarve die Bienenlarve verlassen, so stirbt diese
und geht in der Zelle in eine fast homogene, schleimige zähe Masse
über, welche einen widerlichen Geruch besitzt, den man, sind viele Bienenlarven
in Fäulniss übergegangen, selbst mehrere Schritt weit vom
Stocke entfernt auf dem BinnenstandeBienenstande wahrnehmen kann. Durch das
Miasma, welches sich im Stocke in Folge der faulenden Bienenlarven
verbreitet, werden auch die andern gesunden, nicht mit Parasiten behafteten
Bienen krank, gehen in dieselbe schleimig-zähe, mephitisch riechende
Masse über und in kurzer Zeit ist nicht nur die ganze Brut des
ursprünglich durch den Parasiten erkrankten Stockes abgestorben, sondern
auch die benachbarten Stöcke werden von der Krankheit inficirt
und gehen in der Regel ein. Der Parasitismus dieser Fliege in der
Bienenbrut ist für die Apistik von so grosser Wichtigkeit, dass ich mich
hier etwas näher auf die Faulbrut einzugehen veranlasst fühle.
Die Faulbrut. Der Name „Faulbrut“ deutet schon darauf hin,
dass darunter eine Brutkrankheit zu begreifen ist, bei welcher die Brut
in Fäulniss übergeht. Allein diese Benennung ist zu allgemein gewählt
und wird von den meisten Bienenzüchtern für jegliche Krankheit der
Brut, wenn Letztere nur abstirbt und in Fäulniss übergeht, gebraucht,
ungefähr wie der Laie mit dem Namen Nervenfieber die verschiedenen
Typhusarten bezeichnet.
Dr. Ahlefeld38
war der Erste, der zwei Arten von Faulbrut unterschied.
Er theilte sie in die sporadische und in die epidemische Faulbrut.
Von Berlepsch39
theilte sie ebenfalls in die nicht ansteckende und
in die ansteckende Faulbrut, ferner letztere nach Dzierzon40
in die
gutartig ansteckende und in die bösartig ansteckende. Die nichtansteckende
Faulbrut ist weiter nichts, als ein Erfrieren oder auch ein Verhungern
der Brut. Es kann ebenso gut wie die Larve und Nymphe auch
das Bienenei und auch das vollkommene Insect der Kälte unterliegen, wie
auch die Larve und die Imago verhungern. Die erfrorene oder auch verhungerte
Bienenbrut geht wohl mit der Zeit in Fäulniss über, aber die Zersetzung
ist eine ganz andere, als wir sie bei der entschiedenen Faulbrut
kennen lernen werden. Die Brut geht in keine schleimige Masse über, sondern
behält ihre Structur bis zuletzt, wo sie einschrumpft und eintrocknet,
bei. Bei den meisten Larven bildet sich auch wohl in manchen Fällen
(bei feuchter Witterung) einige Tage nach dem Erfrieren im Fettkörper
der Leibeshöhle ein starkes filziges Pilzgewebe, welches zuletzt die Epidermis
durchbricht und eine Aehnlichkeit mit Botrytis Bassiana nicht
verkennen lässt, was schon Prof. Leuckart beohachtetbeobachtet
hat.41
Nach dieser
Periode wird die Larve oder auch Nymphe steinhart und trocknet bald
darauf ein. Auf gleiche Weise verhält es sich auch mit den vor Hunger
gestorbenen Bienenlarven. Noch viel häufiger als den eben erwähnten
Pilz, trifft man an den abgestorbenen Bienenlarven und Bienennymphen
eine Isaria-Art, und zwar wie es mir schien, Isaria floccosa Fries.
Diese Faulbrut beschränkt sich aber nur auf die abgestorbene Brut.
Lebende Larven und Nymphen werden von ihr nicht inficirt. Es ist
demnach diese Faulbrut gar nicht als eine Krankheit zu betrachten, weil
die Fäulniss ein nothwendiger Process eines jeden todten organischen
Körpers ist. Ganz anders verhält es sich mit der wirklichen Faulbrut,
der epidemischen Faulbrut Ahlefeld's, Berlepsch's und Dzierzon's, der ich
die Benennung Gangraena apum verleihen möchte. Hier geht die Zersetzung
schon im lebenden Körper der Larve allmählich vor sich und
erreicht ihren Höhepunkt nach dem Tode der Bienenlarve oder Bienennymphe
und der Zersetzungsprocess pflanzt sich von der einen kranken
Larve oder Nymphe auf die benachbarte fort.
Die entschiedene Faulbrut, die ich so eben mit Gangraena apum bezeichnet
habe, ist folgendermaassen zu charakterisiren: Man findet im
Anfange der Krankheit an irgend einer oder an einigen, oft an den vordersten,
manchmal aber auch in den mittelsten bedeckelten Brutwaben
einige 20 bis 50 zerstreut, manchmal in einer Gruppe beisammen stehende
Brutzellen mit eingefallenen Deckeln. Untersucht man diese eingefallenen
Brutdeckel genauer, so entdeckt man an ihnen schon mit dem blossen
Auge ein in der Mitte, oder auch mehr an der Seite sich befindliches
kleines rundes Loch, dessen Durchmesser kaum die Grösse von 0,5‴ ausmacht.
Nimmt man den Deckel von der Zelle ab, so findet man die
ausgewachsene, aber noch nicht in eine Nymphe verwandelte Bienenlarve
meist, ja in der Regel, in verkehrter Stellung, d. h. mit dem Kopfende
nach dem Boden der Zelle gerichtet, liegen, eine bräunliche Farbe
angenommen. Zerquetscht man die Larve, so bemerkt man, dass sich
ihr Inhalt in eine schleimige homogene Masse verwandelt hat, die den
Geruch von faulendem Horn oder Leim besitzt. Nach Verlauf von 12
bis 24 oder erst nach 36 Stunden erkennt man an den Larven nichts
mehr von ihrer Gestalt. Sie zerfliessen vollständig in eine schleimige,
klebrige, homogene nach schlechtem Leim sehr stark riechende Masse,
welche nach 5 bis 7, oft aber auch erst nach 10 Tagen sich zu einem
trocknen dunkelbraunen Körper zusammenballt, welcher den unangenehmen
Geruch fast verliert. Ehe die faulenden Bienenlarven aber in
diese eingetrocknete Masse übergehen, ist schon die benachbarte gesunde
im Umkreise der faulenden befindliche Brut ebenfalls in denselben sich
zersetzenden Zustand übergegangen. Das Uebel greift nun zuletzt immer
weiter, so dass schon häufig in einigen Tagen die Brut einer ganzen
Tafel von 8 Zoll Höhe und 10 Zoll Länge von diesem ZerzetzungsprocessZersetzungsprocess
befallen wird und schliesslich sich auch auf die übrigen Bruttafeln
im ganzen Stocke ausdehnt. Hin und wieder gelangen die Larven in
einigen Zellen zur Verwandlung in Nymphen und es kriechen auch aus
denselben Bienen heraus; 95, mindestens aber 90 Procent unterliegen der
Epidemie. Hat die Krankheit in einem Stocke ihren Culminationspunkt
erreicht, d. h. ist der grösste Theil oder mindestens die Hälfte der Brut
in Zersetzung übergegangen, so kann man schon in einer Entfernung
von 20 Schritt vom kranken Stocke einen Leimgeruch wahrnehmen, als ob
man sich in einer Leimsiederei befindet, die einen grossen Vorrath von
in Fäulniss übergegangenen Hörnern und Hufen zu Leim verarbeitet.
Diese Pest erstreckt sich aber nicht blos auf den ursprünglich erkrankten
Stock, sondern sie pflanzt sich auf den gesunden Nachbarstock
herüber, so dass in einem Sommer alle Stöcke eines Bienenstandes an
ihr zu Grunde gehen, weil fast sämmtliche nachgezogene Brut der Stöcke,
sobald sie in's Stadium der Verwandlung zur Nymphe überzugehen anfängt,
abstirbt und in die schon erwähnte Materie übergeht.
Ist die Krankheit auf einem Bienenstande ausgebrochen, so wird sie
gewöhnlich von den Bienen selbst, welche sich bekanntlich sehr häufig
gegenseitig berauben, auf die benachbarten Stände verschleppt, entweder
durch die Bienen des kranken Standes, oder, was viel häufiger der Fall
ist, durch die Bienen des gesunden Standes, weil diese, sich munter und
kräftig fühlend, in die krankhaften abgeschwächten Stöcke mit der grössten
Leichtigkeit behufs des Honigraubes eindringen und so aus den
kranken Stöcken das Contagium zu sich hinüberschleppen. Auf diese
Art können nicht nur die Bienenstände einer Stadt oder eines Dorfes
inficirt werden und daher zu Grunde gehen, sondern es können die
Stände eines ganzen Bezirks, ja eines ganzen Ländchens in kurzer Zeit
gänzlich bienenleer werden.
Nicht immer nimmt aber die Krankheit einen so raschen ungünstigen
Verlauf, wie ich ihn eben geschildert habe. In manchen Fällen geht
das Absterben der Bienen nur langsam vor sich. Es geht nur ein Theil
der Bienenlarven in den Zersetzungszustand über. Die übrigen bleiben
gesund, verwandeln sich in Nymphen, so dass der Stock immerhin noch
junges Volk erhält und sich oft zwei, ja sogar drei Sommer lang hält
ehe er gänzlich eingeht. Im Herbst hört die Krankheit auf, da keine
Brut vorhanden ist, sobald aber gegen das Frühjahr zu, Brut gezogen
wird, stellt sie sich auch wieder mit dieser ein. In den seltensten Fällen
verliert sie sich allmählich und der Stock bleibt gesund.
Das Benehmen der Bienen faulbrütiger Stöcke ist, je nach dem
Grade der Krankheit verschieden. Im Anfange der Krankheit, d. h. wenn
noch wenige Brut abgestorben ist, sind die Bienen ganz rüstig und munter
und verrichten alle ihre Geschäfte, wie die eines völlig gesunden
Stockes. Hat aber die Krankheit einen höheren Grad erreicht, ist schon
ein ansehnlicher Theil der Brut verdorben und hat sich daher auch der
mephitische Geruch eingefunden, so stellen die Bienen die meisten Arbeiten
ziemlich ein. Es wird fast gar kein neuer Wachsbau aufgeführt,
nach Tracht wird nur wenig ausgeflogen, ebenso wird wenig Brut angesetzt;
die Bienen sind bemüht ununterbrochen Tag und Nacht hindurch
zu ventiliren, um die verpestete Luft aus dem Stocke hinauszuwehen.
Die Zellen mit der eingetrockneten Brutmasse werden nach Möglichkeit
ganz herausgebissen, weil die Brutmasse anders nicht zu entfernen ist.
Hat die Krankheit noch mehr überhand genommen, vielleicht sich über den
halben Stock verbreitet, dann hören alle Arbeiten der Bienen, wenigstens
innerhalb des Stockes gänzlich auf, Brut wird gar nicht mehr angesetzt,
die Bienen beschränken sich auf denjenigen Raum ihres Baues, welcher
keine Brut enthält. Erreicht die Faulbrut schon im Frühjahr oder Vorsommer
einen solchen Zustand, dann geschieht es häufig, dass die Bienen
aus ihrem Stocke ausschwärmen und eine neue Wohnung beziehen,
wo sie sich von neuem ansiedeln.
Damit retten sie sich jedoch nicht; sobald nur Brut angesetzt wird,
und die Bienenlarven sich einspinnen, bricht die Krankheit abermals aus.
Aus meiner Characteristik der epidemischen Faulbrut geht hervor,
dass man zwei Formen dieser Krankheit zu unterscheiden hat, eine, die
mit einer rasenden Schnelligkeit den Untergang eines Stockes hervorbringt
und eine, die den Stock nur langsam zum Absterben bringt und
in manchen Fällen dem Bienenstock nur schadet, aber ihn nicht vernichtet.
Die erstere Form wäre also, wie sie Dzierzon42
nennt, die bösartig
ansteckende, die zweite die gutartig ansteckende Faulbrut. Die bösartig
ansteckende Faulbrut, wie sie Dzierzon a. a. O. schildert, stimmt mit
meiner Beobachtung und der oben angegebenen Characteristik überein,
nur erwähnt Dzierzon a. a. O., ebenso auch Scholtiss43
Nichts darüber,
ob die verdeckelten abgestorbenen Bienenlarven in verkehrter Stellung
sich in den Zellen befanden oder nicht. Kleine und v. Berlepsch44
dagegen
führen ausdrücklich an, dass alle Bienenlarven, welche faulbrütig waren
mit dem Kopfende nach dem Boden der Zelle gerichtet lagen, also ganz
so, wie ich es jetzt geschildert und schon früher beobachtet habe und in
der Bienenzeitung, Jahrgang 1860 No. 1 beschrieb. Dzierzon's gutartig ansteckende
Faulbrut weicht aber von meiner in sofern ab, als Dzierzon dieselbe
meist nur an unbedeckelten Bienenlarven beobachtete, welche abstarben
und in Fäulniss übergingen, während die bedeckelten Bienenlarven gesund
blieben und sich zu vollkommenen Insekten entwickelten. Auch trockneten
die in Fäulniss übergegangenen Larven zu einer Kruste am Boden
zusammen, welche die Bienen leicht aus den Zellen entfernen konnten.
Meine gutartig ansteckende Faulbrut dagegen unterscheidet sich von der
bösartigen in Nichts weiter, als dass sie den Stock nur allmählich dem Untergange
näher brachte und in manchen Fällen von selbst verschwand,
ohne dass der Stock ausstarb. Es gingen grösstentheils nur die verdeckelten
Bienenlarven in Fäulniss über und schrumpften nicht zu einer von
den Bienen leicht zu entfernenden trocknen Masse zusammen, sondern
die vertrocknete Masse haftete so stark an dem Zellenboden und den
Wandungen der Zelle, dass die Bienen, wenn sie die Masse wegschaffen
wollten, genöthigt waren, die ganze Zelle auszubeissen. Es wären also
demnach drei Arten von Faulbrut zu unterscheiden (die nicht ansteckende
lasse ich ganz weg, weil sie, wie ich gezeigt habe, gar keine Krankheit
ist) eine bösartig ansteckende — um mich des Ausdrucks Dzierzon's zu
bedienen — und zwei gutartig ansteckende Faulbrutarten.
Die von mir beobachtete gutartig ansteckende Faulbrut ist aber nur
als eine mildere Form oder Modification der bösartig ansteckenden Faulbrut
zu betrachten, weil sie bis auf die geringere Contagiösität, von der
bösartigen Faulbrut sich in Nichts unterscheidet und wahrscheinlich nur
durch den Mangel einer grösseren Disposition der Bienenlarven zur Aufnahme
des Contagiums nicht in die bösartige Faulbrut ausartet. Daher
halte ich es für passender die Faulbrut nicht nach dem Grade der Extensität,
sondern nach dem Alter der Bienenlarven, welche von ihr befallen
werden, und nach den Symptomen im weiteren Verlauf der Krankheit
einzutheilen. Sodann würde man also eine Faulbrut haben 1) welche
meist nur die verdeckelten, der Verwandlung zu Nymphen nahen, Bienenlarven
heimsucht und sich rasch über den ganzen Stock verbreitet
und ihn vollständig zu Grunde richtet. Und 2) eine Faulbrut, die meist
nur die unverdeckelten Bienenlarven befällt, nur langsam sich im Stocke
verbreitet und manchmal von selbst verschwindet, ohne den Stock zu
vernichten. Ferner a) eine Modification der ersteren Faulbrut, die wie
diese meist nur die verdeckelte der Verwandlung zur Nymphe nahe Brut
vernichtet, sich aber nur langsam im Stocke verbreitet und manchmal
von selbst wieder verschwindet, ohne dem Stocke den Untergang zu bereiten.
Alle Arten der Faulbrut, sie mögen bösartig ansteckend, oder gutartig
ansteckend sein, bringen dem Bienenzüchter grosse Verluste bei,
nicht blos dadurch, dass diese Krankheiten einen grossen Theil der Bienenbrut
wegraffen und dadurch dem Bienenstocke in den allerhäufigsten
Fällen den Untergang bereiten, sondern auch noch dadurch, dass der
Bienenzüchter die ihm so werthen Wachswaben nach dem Aussterben
eines faulbrütigen Stockes für andere Stöcke nicht verwenden kann,
theils weil sie das Contagium enthalten, theils aber auch, wenn man selbst
das Contagium durch desinficirende Mittel entfernen könnte,45
dadurch,
dass in den Zellen die eingetrocknete Brutmasse zurückbleibt und von
den Bienen mit Ausnahme der unter 2. erwähnten Faulbrut gar nicht
aus den Zellen entfernt werden kann, mithin für sie die Waben unbrauchbar
werden und der Bienenzüchter genöthigt ist, die Waben, wenigstens
diejenigen, in welchen Brut sich befand, die aber bei Weitem den grössten
Theil ausmachen, zu Wachs einzuschmelzen. Jeder rationelle Bienenzüchter
weiss aber, welchen hohen Werth die leeren Wachswaben für
ihn haben. Aber auch die Bienenwohnungen, in welchen faulbrütige
Völker ihren Sitz hatten, sind nach Dzierzon und mehreren andern Bienenzüchtern
erfahrungsmässig vor zwei bis drei Jahren für anderweitige
Schwärme nicht zu gebrauchen, weil sie sonst die Faulbrut erzeugen.
Ebenso vorhält es sich mit dem Honig faulbrütiger Stöcke. Der Honig
solcher Bienen darf zur Fütterung gesunder Bienen nicht verwandt werden,
wenn er auch dem vollkommenen Insect nichts schadet, so ist es
doch evident bewiesen, dass die Brut stets nach dem Genuss eines solchen
Honigs an der Faulbrut erkrankt. Ja selbst der Ort, auf welchem
früher faulbrütige Stöcke standen, kann nach v. Berlepsch vor ein Paar
Jahren nicht benutzt werden, weil der Ort länger als ein Jahr das Vermögen
besitzt, gesunde Stöcke zu inficiren.46
Gleichfalls können auch
Bienen eines faulbrütigen Stockes zur Verstärkung anderer gesunder
Stöcke nicht gebraucht werden, da sie das Contagium mit sich führen.
Nach Dierzon, v. Berlepsch, Kleine und vielen anderen Bienenzüchtern
ist überhaupt von einem faulbrütigen Stock für andere gesunde Stöcke
Nichts zu verwenden, als die Königin, welche das Contagium nicht weiter
verbreiten soll. Nach meiner Beobachtung, freilich nur nach zwei
vorgenommenen Versuchen, inficirt auch die Königin die gesunden
Stöcke. Aus dem früher und eben Gesagten erhellt, wie verderbend die
Faulbrut auf die Bienen sich äussert und wie nachtheilig sie dem Bienenzüchter
und in national-öconomischer Hinsicht ist. Die Entstehungsweise
und die Cur dieser Krankheit hat daher von je her die Bienenzüchter
aller Völker, welche die Bienen cultivirten, lebhaft beschäftigt. Dass wir
daher sehr reich an den mannigfachsten Ansichten über die Entstehungsweise
dieser Krankheit und über ihre Behandlung sind, darf uns nicht
wundern. Schon Junius Moderatus Columella47
erwähnt diese Bienenbrutseuche,
die er mit dem griechischen Wort φαγεδαινα bezeichnet
und giebt auch die Mittel an, wie man einen faulbrütigen Stock zu behandeln
hat. Seiner Ansicht nach entstehe diese Krankheit durch Volksverlust,
welcher eintritt, wenn die Bienen auf der Tracht plötzlich vom
Regen oder Wirbelwind überrascht werden und umkommen. Das Wachsgebäude
wird in Folge dessen zum Theil von BienennenBienen entblösst und
fängt zu faulen an. Desgleichen verderbe auch der Honig.
Einen solchen Stock schlägt er vor, mit einem anderen zu vereinigen,
damit die verlorene Bienenmenge wieder ersetzt werde. Plinius48
nahm an, dass in den Tafeln ein Gewächs (Clavus) entstehe, welches
eine Missgeburt der Bienen sei. Die verbreitetste Ansicht über die Entstehungsweise
der Faulbrut war und ist auch jetzt noch unter den meisten
Bienenzüchtern diejenige, die wir bei Columella erwähnt finden. Nämlich
durch plötzlichen grossen Volksverlust bleibt ein Theil der Brut von
den Bienen unverpflegt und unerwärmt, stirbt ab und geht schliesslich in
Fäulniss über. Oder auch selbst bei gar keinem Volksverlust, aber bei
eingetretener kalter Witterung, welche die Bienen nöthigt, sich in's Centrum
des Stockes zurückzuziehen, erkaltet die äussere Brut und geht
zuletzt ebenfalls in Fäulniss über. Die zweite verbreitetste Ansicht über
die Ursache der Faulbrut ist die Fütterung der Bienen mit amerikanischem
oder polnischem, oder auch in Gährung übergegangenem deutschen
Honig.
Auch Dzierzon ist der Ansicht, dass der amerikanische Honig die
Faulbrut erzeuge. Er selbst will durch die Fütterung mit diesem Honig
einige hundert seiner Stöcke eingebüsst haben.49
Nach minder verbreiteten
Ansichten wurde die Entstehung dieser Krankheit von giftigem
Honig, (Blüthensaft), den die Bienen von der Tracht holen sollten, abgeleitet.
Ferner sollte die Faulbrut durch den Bienenwärter selbst hervorgebracht
werden, wenn er etwa an verdorbenen Säften, z. B. an der
Scrophulosis und noch ärgeren Krankheiten litt. Auch vermuthete man,
dass ein Fadenpilz, Mucor mellitophorus, der im Chylusmagen der Bienen
vorkommt, auf die Futtersaftbereitung der Bienen einen nachtheiligen
Einfluss übe, die Brut daher ein nicht hinreichend verdautes Futter
erhalte und dieser Pilz also die indirecte Folge der Faulbrut wäre.
Endlich wurde in neuester Zeit sogar Strassenstaub, der in die Brutzellen
dringe, als Ursache des Sterbens und nagträglichennachträglichen Verwesens der
Bienenlarven angesehen.
Die Ansicht, dass die Faulbrut durch plötzlichen Volksverlust und
daraus resultirende Verkühlung und schliessliches Erfrieren oder Verhungern
der Brut und dergleichen angeführte Ursachen entstehe, kann
nur auf die sogenannte nicht ansteckende Faulbrut bezogen werden. Die
Fütterung der Bienen mit amerikanischem oder polnischem Honig kann
nur in dem Falle Faulbrut erzeugen, wenn diese Honigarten von faulbrütigen
Bienen abstammen, oder wenigstens Honig von kranken Stöcken
beigemischt enthalten. Dies findet nun freilich sehr häufig statt, z. B.
in denjenigen Ländern (Russland, Nordamerika), wo man die Bienen im
Herbst, um den Honig zu ernten, abschwefelt und nun Honig, Bienenbrod
(Pollen), Wachs, Brut und selbst Bienen ohne Unterschied von
gesunden und kranken Stöcken zu einem Brei verarbeitet und durch
Siebe den Honig, oder richtiger überhaupt die flüssigen Körper von den
festen Bestandtheilen abfiltrirt. Ein solcher Honig den Bienen gereicht,
oder auch von den Bienen selbst zufällig genascht, muss die Krankheit
unbedingt erzeugen. Aber dies würde nur als eine secundäre Ursache
der Faulbrut zu betrachten sein. Saurer oder in Gährung übergegangener
Honig, wenn er nur nicht von kranken Stöcken herrührt, schadet
den Bienen nichts, wenigstens verursacht er die Faulbrut nicht. Ich
habe oftmals absichtlich Honig mit einem Ferment versetzt, die Gährung
eintreten lassen und den Honig sehr stark säuerlich den Bienen verfüttert,
ohne davon den geringsten Schaden, geschweige die Faulbrut wahrzunehmen.
Auch Dzierzon sagt irgendwo, dass saurer Honig den Bienen
nichts schade.
Die Entstehung der Faulbrut vom sogenannten giftigen Honig oder
Thau herzuleiten, was Einige thun, ist wohl etwas zu weit hergeholt.
Denn sollten die Bienen wirklich giftigen Honig und dergleichen eintragen,
so müsste die Krankheit sich häufiger wiederholen, es müsste nicht
ein Stock eines Bienenstandes krank werden, sondern gleich, oder sehr
bald darauf mehrere oder alle Stöcke des ganzen Standes erkranken;
denn bekanntlich, wenn es eine gute Tracht giebt und namentlich einen
Honigthau, so wird nicht blos der eine Stock diese Tracht benutzen,
sondern alle Stöcke zugleich. Noch viel weiter hergeholt ist aber jedenfalls
die Entstehung der Faulbrut von den Ausdünstungen kranker (scrophulöser
etc.) Menschen, die mit den Bienen umgehen. Solch eine Ansicht
bedarf eines Commentars nicht, sondern fällt von selbst zusammen.
Was nun den Fadenpilz anlangt, der eine Störung der Futtersaftbereitung
im Chylusmagen hervorbringen soll und dadurch, wie oben erwähnt,
auf indirecte Weise die Faulbrut erzeuge, so ist dies schon darum unmöglich
anzunehmen, weil Bienen ganz gesunder, nicht faulbrütiger Stöcke
oft mit diesem Pilze sehr behaftet sind, während diejenigen faulbrütiger
Stöcke sehr häufig gar keine Pilze beherbergen, was ich in den Gouvernements
Moskau und Smolensk an meinen Bienen oftmals beobachtet
habe. Wenigstens waren die Bienen meiner sämmtlichen Stöcke pilzlos.
Endlich was die Entstehungsweise der Faulbrut von Strassenstaub betrifft,
so müsste es denn sein, dass der Staub in solcher Masse in die
Brutzellen dringt, dass er die Stigmen und Poren der Bienenlarven gänzlich
verstopft und somit den Erstickungstod der Larven hervorruft, was
aber noch nicht die Faulbrut wäre. Ebenso kann auch grünspahnhaltiger
Honig die eigentliche Faulbrut nicht erzeugen.
Wie man sieht, sind die hier erwähnten Ansichten über die Entstehungsweise
der Faulbrut sehr problematischer Natur und beruhen auf
blossen und sehr unhaltbaren Hypothesen. Nachdem ich aber alle Ansichten
der Bienenzüchter über die Entstehungsart der Faulbrut verworfen
habe, wird man an mich die Frage richten, wovon entsteht denn
eigentlich die Faulbrut? Diese Frage habe ich schon bei der Schilderung
der Lebensweise von Phora incrassata beantwortet. Dieses Dipteron ist die
wirkliche Ursache der Faulbrut. Den Parasitismus dieser Fliege als Larve
in den Bienenlarven habe ich bereits im Jahre 1859 in Podolsk bei Moskau
beobachtet und in der Bienenzeitung von 1860 N. 1, pag. 11 beschrieben.
Man wird mir vielleicht einwenden und meinen, sollte denn wirklich
die Faulbrut vom Parasitismus einer Fliege herrühren? Sollte es nicht
eher umgekehrt der Fall sein, ist nicht vielmehr die Faulbrut die Ursache
des Parasitismus der Fliege, d. h. legt nicht vielleicht die Fliege
ihre Eier erst dann in die Bienenlarven, wenn Letztere bereits gestorben
sind? Dies muss ich, auf meine Beobachtungen gestützt, absolut verneinen.
Man kann sich sehr leicht von der Gegenwart kleiner Phoridenlarven
in den noch unverdeckelten lebenden Bienenlarven überzeugen,
wenn man diejenigen Larven aus der Nähe der Faulbrütigen zur Untersuchung
wählt. Man schneide nur den Kopf dieser Larven ab und presse
vorsichtig den Inhalt heraus, mit welchem man, wenn viele Larven untersucht
werden, von den Einen oder Anderen den Parasiten herausbefördern
wird. Benutzt man eine ziemlich stark vergrössernde Loupe, so
geht man sicherer; man wähle dann diejenigen Larven, welche zwischen
irgend einem Ringelpaar eine feine Narbe wahrnehmen lassen. Die
Narbe rührt von der Legröhre der Fliege her, welche die Bienenlarve
damit anbohrte. Bei einiger Uebung lässt sich sogar das Fliegenei aus
der Bienenlarve herausholen. Das Ei befindet sich, wie schon erwähnt,
gleich unter der Haut der Bienenlarve. Die ausgeschlüpften Phoridenlarven
bohren sich sogleich, wie das schon früher angegeben war, tiefer
ins Innere der Bienenlarven ein und schlagen ihren Wohnsitz im Fettnetze
auf. Nach fünf Tagen schon sind die Phoridenlarven ausgewachsen
und dies fällt regelmässig in die Zeit, wenn sich die Bienenlarve
schon eingesponnen hat und ihre Verwandlung zur Nymphe erwartet.
Nur in sehr seltenen Fällen traf ich auch Phoridenlarven in bereits schon
zu Nymphen verwandelten Bienenlarven an. Ist die Phoridenlarve erwachsen,
so verlässt sie auf die bereits beschriebene Weise die Bienenlarve,
um sich im Gemüll des Stockes oder in der Erde zu verpuppen.
Und jetzt erst geht die Bienenlarve in Fäulniss über. Dies geschieht
aber nicht sogleich. Den ersten Tag ist die Bienenlarve noch völlig
frisch und es lässt sich an ihr blos an ihrem hinteren Theile eine sehr
feine Oeffnung erkennen, durch welche die Phoridenlarve herauskroch.
Die Oeffnung war ursprünglich grösser, durch Zusammenziehen der Haut
aber bald nach dem Ausschlüpfen der Phoridenlarve erscheint sie sehr
klein, jedoch mit dem blossen Auge deutlich sichtbar. Den folgenden
Tag aber schon bemerkt man an der Wunde der Bienenlarve die Wandungen
des Larvenkörpers dunkler, gelb geworden, den dritten Tag
schon fast braun und eine grössere Ausdehnung bis fast zum vierten
Ringe angenommen. Den vierten Tag wird die Bienenlarve bis zum
siebenten Ringe bräunlich und die hintersten Leibesringe sind gewöhnlich
schon in eine schleimig zähe Flüssigkeit zerflossen. Den fünften
Tag wird der Rest der Larve bräunlich und die halbe Larve ist zerflossen.
Den sechsten Tag hat sich die ganze Larve in eine homogene,
schleimige und wie schon früher erwähnt, nach Leim riechende Masse
verwandelt, nur die derbere chitinöse Epidermis bleibt unzerstört. In
diesem Zustande bleibt die Masse noch fünf Tage, dann fängt sie an
allmählich immer dickflüssiger zu werden, bis sie nach weiteren fünf Tagen
zu einer harten dunkelbraunen Masse an den Boden und den Wandungen
der Zellen eintrocknet. Die eingetrocknete Masse pflegt gewöhnlich
ein Viertheil der Zelle auszufüllen.
Unter dem Microscop betrachtet, erscheint die faulbrütige Masse
wellenförmig gestreift, hin und wieder bemerkt man einige runde Körnchen,
die aus unverdauten Pollen, oder eigentlich Cellulose bestehen.
Von einer Pilzbildung ist keine Spur wahrzunehmen.
Versetzt man die faulbrütige Masse mit einer doppelten Gewichtsmenge
kalten destillirten Wassers, so wird nur ein sehr geringer Theil
der Masse vom Wasser aufgelöst. Das Wasser bekommt eine braun-röthliche
Färbung. Die faulbrütige Masse schwimmt nicht auf dem
Wasser, sondern sinkt unter, ist also specifisch schwerer als das Wasser.
Eine vier- bis zehnfache Wassermenge vermochte auch nur wenig mehr
von der Masse aufzulösen. Bei vorsichtigem Eindampfen in mässig
erwärmtem Sandbade bekam die Auflösung eine syrupartige Consistenz
von brauner Farbe und schmeckte etwas süsslich mit bitterem Nachgeschmack.
Sie bestand aus Extractivstoff und ein wenig Traubenzucker.
Ganz anders wirkte heisses Wasser auf die Faulbrutmasse ein. Eine
doppelte Gewichtsmenge heissen Wassers auf die Masse infundirt, löste
nahezu den vierten Theil der Masse auf. Noch mehr, die vierfache Gewichtsmenge
heissen Wassers auf die Masse aufgegossen und zwölf
Stunden in der Wärme stehen gelassen, löste sogar etwas über die
Hälfte von der Brutmasse auf. Die filtrirte Lösung hatte eine gelbbräunliche
Färbung und gerann beim Erkalten zu einem dünnen, klebrigen,
durchsichtigen Gelée. Im kalten Wasser löste sich dieses Gelée in
jedem Verhältniss auf. Beim Versetzen eines Theils der Lösung mit
Alcohol entstand ein faseriger weisser Niederschlag. Desgleichen, wurde
die Lösung mit einer Auflösung von einer geringen Menge Pyrogallussäure
versetzt, so entstand ein weisser Niederschlag, der sich aber am
Boden des Gefässes als eine ziemlich zähe klebrige Masse festsetzte.
Aether, Alcohol und Benzol lösten nichts vom Gelée auf. Dagegen
verdünnte Schwefelsäure, Salz- und Essigsäure wirkten auf ihn völlig auflösend.
Der Luft ausgesetzt, ging das Gelée in Zeit von 48 Stunden
bei einer Temperatur von +18° in Fäulniss über und zeigte eine saure
Reaction. Beim Eindampfen und späteren Erkalten erstarrte die Flüssigkeit
zu einer vollständigen Leimmasse. Nach diesen chemischen Untersuchungen
zu urtheilen, scheint mir die mit heissem Wasser aus der
Faulbrutmasse extrahirte Flüssigkeit aus Glutin zu bestehen.
Die festen im Filtrum zurückgebliebenen Körper der Faulbrutmasse
liessen deutlich die Larvenhaut erkennen. Alcohol löste in der Wärme
während einer vierundzwanzigstündigen Digestion etwas von der Masse
auf und färbte sich bräunlich gelb. Durch eine achtfache Quantität kalten
Wassers wurde ein gelblicher, pulverförmiger Niederschlag gefällt,
der aus einem Harz bestand, welches angezündet mit hellleuchtender
russender Flamme verbrannte. In Aether und Benzol war das Harz
löslich. Auf die mit Alcohol ausgezogene unlösliche Masse blieben Aether
und Benzol wirkungslos, desgleichen auch in der Kälte weder verdünnte
Essigsäure noch Kalilauge. Die Masse bestand aus Chitin.
Der trocknen Destillation unterworfen lieferte die faulbrütige Masse
folgende Resultate: Zehn Drachmen vorsichtig aus den Zellen herausgenommener
fauler Brutmasse wurden in eine kleine Glasretorte gethan
und in einem Sandbade bei anfangs sehr gelinder Spiritusflamme der
Destillation unterworfen. Zuerst ging, wie zu erwarten war, Wasser
über. Nach dem eine Drachme Wasser übergegangen war, zeigte die
überdestillirende Flüssigkeit eine schwach alkalische Reaction. Es wurde
sogleich mit dem Recipienten gewechselt. Es mochte ungefähr noch
eine Drachme alkalisches Wasser übergegangen sein, so sah man feste
weisse Blätter mit der Flüssigkeit übergehen, was aber sehr bald wieder
aufhörte. Es wurde nochmals fractionirt. Jetzt ging stärker alkalisch
reagirendes Wasser über, zugleich mit sehr wenigem braunem empyrheumatischem
Oele, welches auf dem Wasser schwamm. Bald darauf setzte
sich an den Seiten des Retortenhalses kohlensaures Ammoniak in geringer
Quantität an. Nachdem im Ganzen eine halbe Unze Flüssigkeit
überdestillirte, erschien mit wenig alkalischem Wasser ein dunkelbraunes
Oel, welches im Wasser untersank. Die Destillation wurde bis zur
Trockne fortgesetzt und im Ganzen gingen fünf und eine halbe Drachme
flüssige und fünfzehn Gran feste Destillationsprodukte über. In der
Retorte blieb eine stark glänzende, sehr harte Kohle zurück. Das alkalische
Wasser enthielt Ammoniak. Die Oele schienen denen, die man
bei der trocknen Destillation der Knochen erhält, analog zu sein. Die
festen weissen Körper, die gleich nach dem Wasser übergingen, bestanden
aus reinem, aber brenzlich riechendem Wachs,50
welches später
durch Sauerstoffaufnahme aus der Luft sich bräunte. Das im Retortenhalse
angesammelte Salz war, wie erwähnt, kohlensaures Ammoniak.
Gleiche Resultate lieferten die Untersuchungen an der schon eingetrockneten
Brutmasse. Einer trocknen Destillation wurde sie jedoch
nicht unterworfen.
Jetzt darf ich einen Umstand aber nicht länger verschweigen. Nicht
alle faulbrütigen Bienenlarven enthielten den obigen Parasiten. Viele,
ja sogar der grösste Theil der faulbrütigen Larven besassen gar keine
Oeffnung in dem eingefallenen Deckel und es liess sich auch nicht nachweisen,
dass in ihnen ein Parasit gewesen ist.
Die Zersetzung der Larven begann nicht, wie bei denjenigen, welche
den Parasiten beherbergten, in den letzten Leibesringen des Körpers,
sondern man fand den Brand, wie ich die Krankheit nenne, im Darmkanal
den Anfang nehmen, welcher stark braun und in einigen Tagen
fast schwarz erschien. Von dem Darmcanal verbreitete sich der Brand
nach allen Seiten des Körpers hin. Am vierten Tage ist gewöhnlich
schon die ganze Fettsubstanz und das Tracheensystem in Zersetzung
übergegangen und die Stigmen werden durch eine braune, den Brand
andeutende Färbung deutlich markirt. Am fünften Tage ergiesst sich
der schleimige Inhalt aus dem Darm durch die Mundöffnung der ebenfalls
mit dem Kopfende nach dem Zellenboden gerichteten Larve, wie
wir diese Stellung bei denjenigen Bienenlarven, die vom Parasiten heimgesucht
waren, kennen lernten, in die Zelle. Jetzt geht die Zersetzung
rasch vor sich: den sechsten, spätestens den siebenten Tag berstet die
Larvenhaut an der einen Körperseite und die ganze Larve geht in die
schon erwähnte schleimige, zähe Flüssigkeit über, welche sowohl unter
dem Microscop gesehen, als auch chemisch untersucht, von der Masse
derjenigen Bienenlarven, welche der Parasit verliess, sich in Nichts
unterschied.
Jetzt drängt sich unwillkürlich die Frage auf, wovon diese Bienenlarven
wohl an der Faulbrut erkrankt sein mögen, da sie doch von Parasiten
gänzlich frei waren? Gewiss nur durch das Miasma, welches von
den ursprünglich vom Parasitismus der Phoridenlarven gestorbenen und
schliesslich verwesenden Bienenlarven im Stocke entstanden ist.
Wenn man bedenkt, welch einen mephytischen Geruch auch nur
einige hundert faulbrütigen Bienenlarven im Stocke verbreiten, so wird
wohl die Erkrankung gesunder Larven von solchen eingeathmeten Gasen
erklärlich genug erscheinen. Aber das Contagium braucht ja auch nicht
einmal durch die ausströmenden schädlichen Gase, welche die Bienenlarven
einathmen, übertragen zu werden. Die Arbeitsbienen, welche
sowohl die kranken als auch die gesunden Bienenlarven pflegen, sind
selbst das Medium, welches das Contagium von den kranken Bienenlarven
auf die gesunden hinüberpflanzen können und nothwendig
müssen.
Dass aber nicht jede Bienenlarve im faulbrütigen Stock vom Contagium
angesteckt wird und stirbt, sondern manche Larven, wie oben
erwähnt, inmitten der faulbrütigen befindlich, sich zum vollkommenen
Insect heranbilden, dürfte in dem Analogon seine Erklärung finden, dass
wir das ja auch unter den ansteckendsten Krankheiten des Menschen,
z. B. der Pest, asiatischen Cholera, Typhus antreffen, wo oft Menschen,
welche in demselben Hause, ja häufig in dem nämlichen Zimmer, in
welchem der Kranke oder Verstorbene lag, mit diesem die ganze Zeit
während der Krankheit zusammen wohnten und dennoch von der Krankheit
des Patienten verschont blieben. Ganz so ist es auch mit der
Bienenbrut: nicht jede Bienenlarve ist für die Krankheit empfänglich.
Prophylaxis. Die Vorbeugungsmittel sind sehr schwer zu treffen.
Man wird es nie verhindern können, dass die Fliege in die Stöcke dringt.
Die Arbeitsbienen scheinen eben auch keine ernstliche Jagd auf sie zu
machen. Denn ich habe häufig die Fliegen in den Stöcken an den Wänden
und auf den Waben unbehindert herumlaufen sehen, ja, sie laufen
manchmal über einen ganzen Bienenklumpen hinweg. Manchmal werden
sie auch wohl von den Bienen verfolgt. Die Bienen fassen sie aber
nicht, wie sie es gewöhnlich mit anderen Insekten zu thun pflegen, sondern
kehren wieder um, was sie z. B. auch bei der Verfolgung der
Ameisen thun, vor denen sie einen gewissen Respect oder Widerwillen
zeigen. Uebrigens ist die Phoride so behend, dass es nur in den
seltensten Fällen den Bienen gelingen möchte, sie zwischen ihre Mandibeln
zu bekommen. Das Wegfangen dieser Fliegen von Seiten des Bienenzüchters
aus der Nähe seiner Stöcke ist wohl zu empfehlen, allein das
Thierchen dürfte seiner Kleinheit und unscheinbaren Färbung wegen
meist übersehen werden, und ausserdem ist es so flink, dass es
nur schwer gelingen würde, seiner habhaft zu werden. Ist aber die Faulbrut
einmal in einem Stocke ausgebrochen, so ist nur ein Mittel da, dem
Untergange des Stockes vorzubeugen: die faulende Brut, oder sicherer,
die ganze verdeckelte oder der Verdeckelung nahe Brut zu entfernen
und an Stelle der entnommenen Bruttafeln dem Stocke leere Wachstafeln
einzuhängen. Mit dem Ausschneiden der Bienenbrut wird zugleich
auch die Brut der Phoride entfernt und so eine Vermehrung der Fliege
verhindert, wie auch dem Umsichgreifen der Krankheit ein Ziel gesetzt.
Dies muss aber sogleich im Anfange der Krankheit geschehen. Denn
hat das Uebel eine grössere Dimension erreicht und die Influenz auch
auf die gesunden Bienenlarven sich erstreckt, dann ist das Mittel zu spät
angewandt und der ganze Stock, sammt seinem Volk und Bau muss fortgeschafft
und vernichtet werden, damit nicht auch andere gesunde Stöcke
einer Infection unterliegen. Das Tödten des Bienenvolkes rathe ich auf
folgende Weise zu unternehmen, wie ich das in neuester Zeit an meinen
Stöcken that. Man nehme einen Theil pulverisirtes Manganhyperoxyd
(Braunstein), 4 Theile Kochsalz, mische beide JngredienzienIngredienzien recht tüchtig
zusammen, stelle sie in einem irdenem Gefäss auf den Boden des
faulbrütigen Stockes und giesse darauf 2 Theile — oder auch mehr, es
kommt darauf nicht so genau an, es ist sogar noch besser, wenn man
mehr nimmt — rohe käufliche Schwefelsäure und verschliesse sogleich
den Stock. Durch die Einwirkung der Schwefelsäure auf das Gemenge
von Manganhyperoxyd und Kochsalz entwickelt sich Chlorgas, welches
die Bienen tödtet. Die todten Bienen kehrt man aus dem Stock heraus
und vergräbt sie in die Erde. Die Brut schneidet man aus den Tafeln
heraus, und damit das Wachs nicht verloren geht, schmilzt man die
Bruttafeln ein. Die Honigtafeln und die leeren Wachstafeln hängt man
aber wieder in die Bauten ein und entwickelt nochmals nach der angegebenen
Methode recht viel Chlorgas und zwar so, dass man zwei Unzen
Manganhyperoxyd, acht Unzen Kochsalz und vier bis sechs Unzen Schwefelsäure
nimmt. Die Baute wird zwei Tage lang verschlossen gehalten.
Dann kann man die Wachs- und Honigtafeln nach meiner Erfahrung,
ohne Furcht, anderen Stöcken geben, oder für AblagerAbleger verwenden.
Das Chlorgas, wenn es in hinreichender Menge entwickelt wurde, zerstört
alles Miasma.
Wenigstens hat der Verfasser ohne Schaden Wachs- und Honigtafeln,
so wie die Baute benutzen können. Wenn alle Stöcke von der Faulbrut
befallen sein sollten, dann ist es allerdings sehr schlimm, dann wird
man sie wohl alle verlieren und sich von neuem Bienen anschaffen müssen.
Uebrigens wird es ein rationeller Bienenzüchter so weit nicht
kommen lassen, sondern ist ein Stock von dieser Krankheit befallen, so wird
er ihn vor der Zeit schon auf die angegebene Weise entfernen.
Die meisten Bienenzüchter, sogar die grössten Autoritäten, wie Dzierzon,
v. Berlepsch und Kleine rathen, die Königinnen aus den faulbrütigen
Stöcken auszufangen und dieselbe zu Ablegern u. s. w. zu verwenden,
indem sie sagen, dass die Königinnen die Faulbrut nicht herüberpflanzen.
Der Verfasser hat zwei Versuche mit Königinnen aus faulbrütigen
Stöcken angestellt und fand, dass die Königinnen ebenso, wie die Arbeitsbienen
das Contagium fortpflanzen.
Familie. Braulina Egger. Bienenläuse.
Taf. II. Fig. 7-8a.
Egger in Verhandl. des zool.-botan. Vereins in Wien, Tom. III. pag. 401.
Characteristik. Eine bis jetzt nur eine Gattung und Art repräsentirende
flügellose Dipteren-Familie, die wie die Hippobosciden
und Nycterebien pupipar ist.
Der Kopf senkrecht stehend, vom Rückenschilde getrennt, sehr gross,
fast von der Breite des Thorax, dreieckig, vorn gewölbt, hinten flach
ohne Augen und Ocellen. Rüssel kurz, häutig, hohl, mit zwei elliptischen
dünnen, senkrecht neben einander liegenden Platten versehen. Taster
kurz, kolbig, Oberlippe von den Kinnladen scheidenartig umgeben. Unterlippe
ungegliedert. Fühler kurz, in tiefen Stirnhöhlen eingesenkt, dreigliederig,
mit kugeligem Endgliede und gefiederten Rückenborsten.
Brustringe zu einem gemeinschaftlichen Brustkasten verschmolzen,
dieser halb so lang als der Kopf, ringförmig, nach hinten etwas erweitert,
jederseits mit einem grossen Stigma versehen.
Schwinger, ebenso wie die Flügel fehlend. Beine nahe der Mittellinie
der Unterseite des Brustkastens eingefügt, kurz, von gleicher Länge
mit dicken, flach gedrückten Schenkeln, ein Wenig gebogenen Schienen
und fünfgliedrigem Fuss. Die vier Wurzelglieder kurz, quer; das Endglied
quadrangulär; die Klauen von 30 bis 32 am Vorderrande des Endgliedes
befindlichen borstenartigen und kammartig gereihten einschlagbaren
Zähnchen gebildet; Haftläppchen dünngestielt, kolbig.
Der Hinterleib hoch gewölbt, im Umkreise eiförmig, fünfringelig,
stark borstig.
In anatomischer Hinsicht, wenigstens was die weiblichen Genitalien
anlangt, stimmen die Braulina mit den Hippobosciden sehr überein. Die
Eierstöcke bilden auch hier nach meiner Untersuchung zwei ovale Säcke,
aus welchen die Eileiter durch einen kurzen Eiergang in einen geräumigen,
fast herzförmigen Sack (Uterus) münden. Receptaculum seminis
scheint zu fehlen, wenigstens habe ich ihn nie auffinden können. Eine
Secretionsdrüse mit zahlreichen baumartigen Verzweigungen vorhanden.
In beiden Eierstöcken sind im Ganzen nur vier Keime anzutreffen, die,
jeder einzeln, ihre Ausbildung zu erwachsenen Larven im Uterus erhalten
und die Larven daselbst von dem durch die Secretionsdrüse abgesonderten
Saft leben. Wenn die Larve im Mutterleibe erwachsen ist,
legt die Braula sie ab, oder vielmehr, sie lässt sie einfach fallen und
giebt sie dem glücklichen Zufall preis.
Die Larven (Taf. II. Fig. 7.) sind 0,5‴ lang, elfringelig — die Ringelung
jedoch nur unter dem Mikroskop sichtbar — ganz glatt, weiss,
acephal, d. h. blos mit zwei äusserst kleinen, in den Körper sehr einziehbaren
braunen Häkchen bewaffnet, am hinteren Ende mit zwei sehr
kleinen in eckigen Vertiefungen stehende Stigmen versehen, also metapneustisch.
Schon denselben Tag, nachdem sie gelegt worden, erhärtet ihre Haut
und sie stellt so eine ovale Tonnenpuppe dar, welche aus elf feinen Ringen
besteht und eine anfangs schmutziggelbliche, später eine dunklere,
fast bräunliche Farbe erhält.
Genus. Braula Nitsch. Bienenlaus.
Nitsch, die Familien und Gattungen der Thierinsekten, in Germars u. Zinkens
(Sommers) Magazin für Insektenkunde. Tom. III. (1818) pag. 286, 314.
Character der Familie.
Braula coeca Nitsch. Blinde Bienenlaus.
Nitsch, die Famil. u. Gattung. etc. in Zinkens Magaz. für Insektenkunde. Tom. III.
1818. pag. 286, 314.
Réaumur, Mémoires pour serv. d'hist. nat. d. Ins. Tom. V. pag. 717. Tab. 38.
Fig. 1-3.
Costa, Atti del r. instit. d'incorag. Tom. VII. 1845. (Entomobia apum.)
Egger, Beitr. z. besseren Kenntniss der Braula coeca Nitsch (Verhandl. des zool.-botan.
Ver. in Wien). Tom III. pag. 401. ff.
Schiner, Fauna Austriaca, Diptera, pag. 650.
Characteristik. Hornartig, glänzend bräunlich-rostfarben; Fühler
gelblich; Borsten und Haare schwarz. — Länge 0,5 bis 0,75‴.
Lebensweise. Das vollkommene Insekt ist ein Ectoparasit, welcher
beständig auf den Bienen lebt und sich von dessen Säften nährt.
Auf der Biene bewegt das Thierchen sich mit grosser Sicherheit, läuft
auf ihr sehr flink herum, jedoch nur vorwärts, während andere Pupiparen
auch rückwärts gehen, und fällt selbst beim Fluge der Biene von
dieser nicht ab. Sein eigentlicher Aufenthaltsort auf der Biene ist das
Rückenschild. Im Stock, wo die Bienen dicht aneinander oft in Kettenform
sich befinden, wechselt es manchmal seinen Wirth, indem es von
dem Bein der einen Biene auf das Bein der andern kriecht und sich
dann auf den Thorax begiebt. Hier angelangt, drängt es seine Füsse
dicht aneinander, fährt mit den Kämmen in die hier bei der Biene sehr
dichte Behaarung hinein, welche sie auseinander drückt und sodann
gleichsam schnellend auf das Rückenschild gelangt, wo es sich mit seinem
hohlen Rüssel festsaugt und oft stunden-, selbst tagelang unbeweglich
sitzt. Manchmal trifft man das Thierchen jedoch, selbst beim Herumkriechen
der Bienen im Stocke, in schaukelnder Lage, in welchem Falle es
sich alsdann nur mit den Mittel- und Hinterbeinen auf dem Thorax der
Biene festhält, während die Vorderfüsse damit beschäftigt sind, die Haare
der Biene gleichsam spielend zu kämmen.
Von der Biene entfernt, sind diese Insekten gar nicht im Stande,
sich ordentlich fortzubewegen51
und sterben nach wenigen Stunden.
Nur die jungen aus den Puppen herausgekrochenen Individuen besitzen
eine ziemliche Lebenstenacität und bleiben bis gegen 96 Stunden am
Leben, was daher rührt, weil sie im Magen noch hinreichend Nahrungsstoff
aus dem Puppenschlaf besitzen.
Die Bienenläuse kommen meist einzeln, häufig aber auch in sehr
grosser Menge, oft über hundert Stück auf einer Biene vor. Alle drei
Bienenindividuen werden von ihnen belästigt. Doch sollen sie vornehmlich
die Königinnen quälen und zu diesen eine besondere Vorliebe zeigen,
so dass, wenn man die Königin von ihnen reinigt, die Königin in
kurzer Zeit von diesen Epizoën wieder behaftet ist.52
In manchen Jahren
sind diese Thiere in einigen — ohne Unterschied in schwachen oder
starken — Stöcken sehr häufig und zwar in solcher Anzahl, dass fast
jede Arbeitsbiene eine Bienenlaus auf sich hat,53
ja, manche Arbeitsbienen
wimmeln von ihnen in derselben Menge, wie die Königinnen.54
In diesem Sommer (1864) wurden auch meine italienischen Bienen
in Leipzig von diesen Thieren geplagt, jedoch habe ich die Königin mit
Läusen nicht behaftet gesehen, sondern meist nur die Arbeitsbienen und
auch einige Drohnen. Gegen den Herbst hin verloren sich die meisten,
doch sind auch noch gegenwärtig (November) einige wenige zurückgeblieben
und werden wohl wahrscheinlich mit den Bienen überwintern.
Die Begattung der Bienenläuse geschieht wahrscheinlich auf den
Bienen selbst, da, wie erwähnt, diese Thierchen, von den Bienen heruntergenommen,
sich nur sehr unbeholfen bewegen. Doch habe ich den Begattungsact
nicht beobachten können.55
Ueber die Lebensweise der Larven wurde schon oben gesprochen.
Wenn das vollkommene Insect die Puppenhülle verlässt, was 13 Tage
nach der Verpuppung geschieht, sitzt es ganz still auf dem Boden des
Stockes und harrt hier, gleich den Meloidenlarven, auf den Blüthen, des
Zufalls, wenn in ihre Nähe eine Biene kommt, welche sie dann flugs an
den Beinen besteigt und auf die beschriebene Art auf das Rückenschild
derselben gelangt. In den ersten zwei Tagen ist das Thierchen strohgelb
und besitzt ein weiches Hautskelett. Erst den dritten Tag erhärtet
die Haut und nimmt eine braune Färbung an.
Geographische Verbreitung. Die Bienenlaus scheint mehr in
dem Westen Europas vorzukommen. Sie ist in ganz Deutschland, Frankreich
und Italien anzutreffen. In Russland scheint sie mit Ausnahme der
Ostseeprovinzen, wo ich sie beobachtet habe, zu fehlen. Wenigstens
habe ich sie in Russland trotz meines mir früher gehörenden ziemlich
grossen Bienenstandes nie getroffen und überhaupt ist sie den Bienenhaltern
daselbst in den verschiedenen von mir bereisten Gouvernements
sowohl nördlichen, mittleren, als auch südlicheren, gänzlich fremd.
Apistische Bedeutung. Im Allgemeinen schaden diese Epizoën
den Bienen nicht viel, weil sie meist nur vereinzelt vorkommen. Sind
sie aber in grösserer Anzahl in einem Stocke vorhanden, etwa so, dass
es kaum eine Biene giebt, welche nicht vom Schmarotzer behaftet wäre,
oder gar, wenn mehrere Bienenläuse auf einer Biene und namentlich
auf der Königin ihren Aufenthalt nehmen, dann allerdings erwächst dem
Bienenzüchter daraus ein Verlust. Die Arbeitsbienen, die mit Läusen
behaftet sind, erscheinen matt und sie sind im Arbeiten träge — das
habe ich namentlich in diesem Frühjahre (1864) an meinen italienischen
Bienen bemerkt — mögen auch wohl durch ihren Säfteverlust, den die
Schmarotzer absorbiren, früher als gewöhnlich sterben. Die Königinnen,
die mit diesen Parasiten zu sehr behaftet sind, erscheinen stets abgemattet
und sterben im Winter56, wodurch der Stock natürlich, wenn
man über eine andere Königin, die man ihm im Frühjahr geben kann,
nicht zu verfügen hat, eingeht.
Prophylaxis. Das Mittel, welches nach Egger57
der Canonicus
Stern angiebt, um das weitere Umsichgreifen der Läusekrankheit bei
den Bienen zu verhüten, besteht im Abstreifen der Bienenläuse mit der
Fahne einer Feder von den Bienen. Dies dürfte jedoch nur dann Anwendung
finden können, wenn etwa die Königin oder nur wenige Arbeitsbienen
mit Läusen behaftet sind. Finden sich aber die Läuse in
der Menge, wie es z. B. von Bose im Jahre 1858 beobachtet hat (a. a. O.),
wo jede Biene belaust war, so dürfte wohl dieses Mittel unanwendbar
sein.
Da die Bienenläuse, wie oben erwähnt, ihre Larven auf dem Boden
des Stockes ablegen, so ist jedenfalls das Practischste, wenn man die
Stöcke so häufig als möglich vom Gemüll reinigt, auf welche Art man
dann mit diesem auch die Braulalarven entfernt. Namentlich muss man
auch die Fugen etc. gut reinigen.
Vermes. Würmer.
Classe. Nemathelminthes Vogt. Rundwürmer.
(Nematoidea Rudolphi.)
Gordiacea von Siebold. Saitenwürmer.
Characteristik. Fadenförmige Würmer, zuweilen mit Papillen
besetzt, mit Mund und den Darm vertretenden, die ganze Leibeshöhle
durchziehendem Zellenkörper, ohne After, Gefäss- und
Nervensystem.58
Familie. Gordiidea Diesing. Gordien.
Diesing, Revision der Nematoden. (Sitzungsberichte der kaiserl. Academie der
Wiss. zu Wien. Mathem. naturwiss. Classe. Tom. 42. pag. 599.)
Characteristik. Sehr dünne Würmer von verschiedener Länge,
von 1″ bis gegen 4″, im Allgemeinen von brauner Farbe, die bald dunkler
bald heller, oft gelb erscheint. Die Männchen glänzend und dunkler.
Kopf ohne Papillen. Oesophagus kurz, in das zellige Körperparenchym
sich öffnend. Schwanz beim Männchen gegabelt; Geschlechtsöffnung an
der Theilungsstelle befindlich mit Stacheln besetzt, aber keine Spicula
vorhanden. Weibliche Geschlechtsöffnung an der Schwanzspitze.
Die Jungen besitzen einen schlauchförmigen Körper, der einen deutlichen
Schwanztheil wahrnehmen lässt. Am Vordertheil des Körpers mit
Haken bewaffnet.
Lebensweise. Die Gordien sind Endoparasiten, welche sich in
der Jugend in die verschiedensten Insecten aller Ordnungen, aber auch
in Arachniden und Schnecken einbohren, sich hier einkapseln und später
in der Leibeshöhle von der Fettsubstanz des Thieres sich nährend, eine
Metamorphose bestehen und allmählich ihre Geschlechtsreife erlangen.
Nachdem sie geschlechtsreif geworden sind, bohren sie sich durch die
Haut ihrer Wirthe wieder nach Aussen durch, um ins Freie zu gelangen,
wo sie dann im Wasser leben, sich begatten und Eier legen. Bei der
Begattung wickelt sich das Männchen mit seinem Hinterende mehrmals
spiralförmig um das Hinterende des Weibchens und bleibt längere Zeit
in dieser Position. Die Eier werden nicht einzeln abgelegt, sondern sie
sind durch eine schleimige Masse, die später erhärtet, zu einer Schnur
verbunden, die sich spiralig eng zusammenwickelt und so einen dickeren
rundlichen Klumpen darstellt, den man wieder auseinander wickeln kann.
Die Gesammtmenge der gelegten Eierschnüre beträgt bei manchen grossen
Weibchen über acht Fuss59
und liegt auf dem Boden im Wasser
oder an Pflanzenstengeln u. s. w.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Die Gordien
kommen, da es Parasiten der Insecten überhaupt sind, überall in der
ganzen Welt mit diesen vor. Diesing zählt in seinem Systema Helminthum
118 Species, die er aber fast nur nach den Wirthen, in welchen
sie angetroffen wurden, unterschied, welche aber nach von Siebold60
als
sehr fragliche Species zu betrachten sind, und Diesing hat später in seiner
Revision der Nematoden61
den grössten Theil seiner früheren
Species eingezogen und die vorhandenen genauer characterisirt, so dass
gegenwärtig im Ganzen nur elf Arten mit Sicherheit angenommen werden.
Genus. Gordius Linné. Saitenwurm.
Linné, systema naturae, edit. XII. I. II. pag. 1075.
Character der Familie.
Gordius subbifurcus v. Siebold.
(Taf. III. Fig. 2 (♂), 4 (♀).(♀).)
Von Siebold, Stettin, entom. Zeit. Jahrg. IX. pag. 296.
Diesing, syst. Helminth. vol. II. pag. 90.
Meissner, Beiträge zur Anat. u. Physiol. der Gordiaceen (Zeitschrift für wiss.
Zool. Bd. VII. Heft 1 u. 2. pag. 59. Taf. III. bis VI.). Ebendaselbst Zusatz
von von Siebold, pag. 143.
Gordius tolosanus, Dujardin, Annales des sciences naturelles, Tom. XVIII. 2 sér.
pag. 146. — Diesing, syst. Helminth. vol. II. pag. 106.
Characteristik. Bräunlich, nach vorn zu allmählich und deutlich
verjüngt. Kopf fortlaufend, allmählich unsichtbar werdend, etwas abgestutzt.
Schwanzende des Männchens (Taf. III. Fig. 2) unten gabelig
gekrümmt; die Geschlechtsöffnung am Bauche in der Gabel befindlich,
vor der Oeffnung kleine Dornen im Bogen in mehreren Reihen stehend.
Schwanzende des Weibchens (Taf. III. Fig. 4) schief abgerundet, durch
eine seichte Längsfurche in zwei wulstige kurze Gabeläste getheilt; in
der Gabel die Geschlechtsöffnung liegend. — Länge 1″ bis 1′.
In der Jugend haben diese Würmer, wie erwähnt, einen schlauchförmigen
Körper, der in einen dickeren Vorder- (Kopf-) und in einen
dünneren Hinter-(Schwanz-)Theil geschieden ist. Der Kopftheil besitzt
einen einziehbaren Rüssel, um welchen sechs Haken sich gruppiren,
ausserdem stehen noch tiefer sechs grössere Haken. (Vergl. Taf. III. Fig. 1.)
Lebensweise. Was bei der Gattung erwähnt wurde, gilt auch hier.
Der Gordius subbifurcus kommt in den verschiedensten Insekten vor;
ich traf einmal im Juli beim zufälligen Zerdrücken einer Drohne in dieser
ein Exemplar dieses Thieres von drei Zoll Länge. Jedenfalls ist das
Vorkommen eines Gordius bei einer männlichen Biene sehr merkwürdig.
Wäre es eine Arbeitsbiene gewesen, die dieses Thier beherbergt hätte,
so wäre das nichts besonderes. Die Arbeitsbienen setzen sich sehr häufig
an's Wasser und oft sogar an die aus dem Wasser kaum hervorragenden,
selbst nassen Gegenstände, wie z. B. Strohhalme, Rohr u. dergl.,
um Wasser einzusammeln, wo die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist,
dass vielleicht ein junger Gordius (Larve) in dieselbe einwandern könnte.
Das Vorkommen in Drohnen aber, welche den Stock überhaupt nur verlassen,
um in der Luft herumzuschwirren, ist jedenfalls paradox. In die
Drohne dürfte das Thier nur durch eine passive Wanderung hineingekommen
sein. Ich glaube daher, dass die Gordien und auch die Mermithen,
welche letztere ich in den Drohnen in Menge fand (siehe weiter
unten bei dem betreffenden Wurm), ehe sie zu den geschlechtsreifen Individuen
heranwachsen, nicht bei der ersten Einwanderung stehen bleiben,
sondern den ersten Wirth, wo sie sich incystirten (Gordius), verlassen62,
um später mit der Nahrung des Thieres in den Darm eines anderen
Thieres überzugehen (z. B. wie es viele andere Endozoen zu thun pflegen),
dann jedenfalls die Darmwand durchbohren, um in das Fettgewebe
zu gelangen. Eine zweite active Einwanderung unternehmen sie nicht,
wie ich glaube, weil ich eben Gordiaceen in den Drohnen fand, die ihnen
zur Einwanderung keine Gelegenheit geben. Passiv können sie aber
schon in die Drohnen einwandern, wenn z. B. die Arbeitsbienen mit dem
Wasser, welches sie einsaugen, auch junge Gordien, die ja überhaupt
nur 1/60‴ lang und 1/120‴ dick sind, erhalten. Durch die Arbeitsbienen,
welche die Brut und die ausgebildeten Drohnen mit Futter versorgen,
können mit dem Futter, das die Werkbienen wieder von sich geben (auswürgen),
zugleich auch die Drohnen entweder schon als Larven oder als
vollkommene Insekten die Endozoen empfangen.
Familie. Mermithea Diesing. Mermithen.
Diesing, Revision der Nematoden. (Sitzungsberichte der kais. Acad. d. Wissensch.
zu Wien, Mathem.-Naturw. Cl. Bd. 42. pag. 605.)
Characteristik. Sehr dünne, bis zu fünf Zoll lange Würmer von
weisslicher Farbe.
Kopf mit Papillen besetzt. Oesophagus lang, eng, in das zellige
Körperparenchym eingesenkt. Schwanzspitze ungetheilt, mit mehreren
Papillenreihen und zwei Spicula. Weibliche Geschlechtsöffnung in der
Mitte des Thieres liegend.
Die Embryonen gleichen den vollkommenen Würmern, besitzen keine
Hakenbewaffnung, wie die der Gordien. Die Eier werden einzeln abgelegt,
sind einfach oder in einer Kapsel eingeschlossen und sodann an
jedem Pole mit einer Chalaze versehen.
Lebensweise. Die Mermithen führen wie die Gordien ein endoparasitisches
Leben in den verschiedensten Insekten, in allen ihren Stadien,
bohren sich als Junge in diese ein, leben von ihrer Fettsubstanz,
verlassen aber die Insekten kurz vor ihrer definitiven Geschlechtsreife,
begeben sich dann in die Erde, wo sie sich häuten. Nach der Häutung
werden sie geschlechtsreif, begatten sich und legen Eier. Sie wandern
manchmal in einer solchen Menge aus den Insekten aus, dass sie stellenweise
die Erde bedecken und den Anschein geben, als ob sie vom Himmel
herabgeregnet wären.63
Die Eier werden, wie oben erwähnt, einzeln
abgelegt, nicht im Wasser, wie die der vorigen Familie, sondern in
die Erde.
Geographische Verbreitung und Artenzahl. Wie die Gordien,
sind auch die Mermithen in der ganzen Welt verbreitet. Ihre
Artenzahl ist aber noch geringer, als die der Gordien und bis jetzt sind
mit Bestimmtheit nur fünf Species anzunehmen.
Genus. Mermis Dujardin. Mermithe.
Dujardin, Annales des sciences naturelles, Tom. XII. pag. 129.
Character der Familie.
Mermis albicans v. Siebold.
Taf. III. Fig. 3.
v. Siebold, Stett. entom. Zeit. Jahrg. 1850. pag. 33 c. — Dies. syst. Helminth.
vol. II. pag. 108. — v. Sieb. Zeitschr. für wissensch. Zool. Tom. V. pag. 201. — Meissner,
Beitr. zur Anat. u. Physiol. der Mermis albicans, in Zeitschr.
für wissensch. Zool. Tom. V. pag. 207. — Dies. Revis. der Nematoden, in
Sitzungsberichte der Mathem.-Naturwissensch. Cl. der kais. Acad. zu Wien,
Tom. 42. pag. 607.
Gordius Filum, Müller Inst. Verm. terrestr. et fluviat. vol. 2. I. pag. 31. — Gmel.
syst. nat. pag. 3083. — Dies. syst. Helminth. vol. II. pag. 106.
Filaria acuminata, Rudolphi, Entozoor. hist. natur. Tom. II. pag. 66., ej. Entoz.
synopsis, pag. 6. — Dies. syst. Helminth. vol. II. pag. 109. (Mermis acuminata).
Filaria truncata, Rudolphi, Entoz. hist. nat. II. pag. 59., ej. Entoz. synops.
pag. 5. — Rosenhauer, Stett. entom. Zeit., Jahrg. 1847. pag. 318. — Plieninger,
Würtemberg. Jahresb. 1852. Heft 2. pag. 255.
FiliriaFilaria succineae, v. Sieb. Wiegmann's Archiv. Jahrg. 1857. 2. pag. 255. — Dies.
syst. Helminth. vol. II. pag. 287. (Mermis succineae.)
Autoplectus protognostus, Balsamo, Bibliothec. ital. 1840. XCVI., Mem. I. R.
Instit. Lombard. di sc. lett. ed arti, 1843. pag. 15. Fig. 1-15.
Filaria lacustris, Dujardin, Hist. natur. des Helminthes, pag. 68. Pl. III. Fig. F. — Dies.
syst. Helminth. vol. II. pag. 112. (Mermis lacustris.)
Characteristik. Körper nach vorn verdünnt, milchweiss oder am
Kopf und Schwanzende durchsichtig, mit fortlaufendem abgerundeten
Kopf. Schwanzende stumpf, beim Männchen hinter der Geschlechtsöffnung
von vielen Perpillen eingeschlossen. — Länge 2 bis 5″.
Lebensweise. Die Lebensweise ist dieselbe, wie sie bei der Familie
erwähnt wurde. Der Wurm kommt in der Leibeshöhle der verschiedenen
Insekten vor, die ich hier aufzuzählen für überflüssig halte.
Er wurde von mir auch in der Honigbiene angetroffen, sonderbarer Weise
stets aber nur in den Männchen.64
Im Anfange August des Jahres 1856 entstand unter den Drohnen
meiner Bienenstöcke in Podolsk (Gouv. Moskau) eine wahre Epidemie,
veranlasst durch den Parasitismus dieser Mermis. Nachdem die Drohnen
einige Tage vorher an einer merkwürdigen Trägheit und Schwäche
litten, die Stöcke selbst in den schönsten und heissesten Tagen nur wenig
verliessen, fand ich eines Tages mehrere Drohnen um die Stöcke herum
ganz ermattet und einige auch todt liegen, ohne dass sie von den Bienen
etwa gewaltsam, wie das gegen den Herbst zu geschieht, aus den
Stöcken entfernt worden wären. In jenem Jahre war gerade die Tracht
gut und die Stöcke behielten die Drohnen bis in den September. Nachdem
ich eine der Drohnen zerdrückt, fand ich in dem Leibe derselben
ein 3″ 5‴ langes Individuum der genannten Mermis. Später, nach drei
Tagen lagen auf dem Boden um den Stock herum eine Menge Mermithen,
die im Sande, womit der Boden daselbst bestreut war, herumwühlten
und aus den Leibern der Drohnen ausgekrochen waren. Diese Helminthiasis
dauerte noch 12 Tage, im Ganzen 15 Tage. Nach Verlauf
dieser Zeit fingen die Bienen an, die Drohnen von selbst herauszuwerfen.
Sehr bedauere ich, dass ich zu der damaligen Zeit diesem merkwürdigen
Falle keine grössere Aufmerksamkeit schenkte und namentlich
nicht auch einige Arbeitsbienen dahin untersuchte, ob sich nicht vielleicht
bei ihnen auch Mermithen vorfanden. Die Arbeitsbienen waren übrigens
gesund und munter. Doch führt Professor Zenker in der Bienenzucht
von Klopffleisch und Kürschner65
einen Fall an, wo nach de la
Billardière auch an einer Arbeitsbiene ein Endozoon beobachtet wurde.
Ob nun dieser fragliche Parasit eine Mermis war, oder überhaupt zu den
Gordiaceen gehörte, kann ich nicht angeben. De la Billardière machte
aus demselben ein Genus Dipodium, das ich leider sowie den betreffenden
Aufsatz des Verfassers nicht kenne. Alle meine Bemühungen, den
fraglichen Aufsatz von dem Prof. Zenker nicht angiebt, wo er abgedruckt
ist, aufzufinden, um darin selbst nachzulesen, blieben fruchtlos. Auch die
von Prof. Carus und Wilh. Engelmann herausgegebene Bibliotheca zoologica,
sowie die Bibl. entomologica von Dr. Hagen gaben mir darüber
keinen Aufschluss.
Aus dem Parasitismus der Mermithen in den männlichen Bienen
glaube ich folgern zu müssen, dass auch diese Gordiaceen ebenso wie
die Gordien nur durch eine passive Wanderung in die Drohnen gelangen
konnten. Wenn die Möglichkeit auch da ist, dass einzelne Drohnen
durch irgend einen Zufall gezwungen sind, sich auf die Erde niederzulassen
und so den jungen Mermithen vielleicht Gelegenheit bieten, sich
in sie hineinzubohren, so kann das eben nur als Zufall betrachtet werden.
Dann würden aber so viele Drohnen, wie die meiner Stöcke, gewiss
nicht von ihnen befallen worden sein. In die Arbeitsbienen können
aber die Mermithen sich ebenso gut, und noch besser als die Gordien,
einbohren, da die Arbeitsbienen sich sehr häufig auf die feuchte Erde,
die grade die Wohnstätte der Mermithen ist, niedersetzen, um aus ihr
das Wasser aufzusaugen. Ebenso können sie aber auch mit dem eingesaugten
Wasser in die Arbeitsbiene passiv gelangen und durch diese, wie
bei Gordius subbifurcus erwähnt, zu der Drohne kommen. Die erste
Einwanderung der Mermithen ist eine active, wie das von Siebold bei
dieser Mermisart, welche in die kleinen millimeterlangen Raupen von
Iponomeuta cognatella in Menge einwanderte, bewiesen hat66. Die zweite
Einwanderung ist aber jedenfalls eine passive, wie ich das auch bei Gordius
annahm, denn wäre die Einwanderung blos eine active, so würden
die Gordiaceen in die Drohnen nur dann gelangen können, wenn sie sich
zuvor durch die äussere Hülle der Arbeitsbiene durchbohren, so in die
Leibeshöhle gelangen, von hier sich durch die Magenhäute durcharbeiten,
um in den Chylusmagen zu kommen, und dann mit dem Speisebrei der
Arbeitsbiene in den Magen der Drohnenlarve oder vollkommenen Drohne
wandern, hier angekommen, durch die Magenhaut sich hindurchbohren,
um in der Leibeshöhle der Drohnenlarve oder vollkommenen Drohne
ihren Wohnort aufzuschlagen. Dies wäre nun eine sehr weite und
umständliche Wanderung, die wohl schwerlich anzunehmen ist. Ich glaube
daher, dass die Mermithen ebenso wie die Gordien zuerst activ in ein
Insekt einwandern, hier sich vielleicht auch wie jene einkapseln67, dann
nach einer bestimmten Zeit wieder auswandern, sich als Embryonen überall
zerstreuen, nicht blos in der Erde, sondern auch auf Pflanzen, ihren
Blättern, Blüthen, Wurzeln u. s. w. und so auf den Zufall harren, bis ein
Insekt sie mit der Nahrung verschluckt. Dies dürfte meiner Ansicht
nach gerade nicht so unmöglich sein, als es vielleicht scheint. Verlassen
doch die Proglottiden der Bandwürmer den Koth, besteigen Pflanzen
u. s. w. und ihre Brut gelangt dann mit den Pflanzen in den Darm der
Pflanzenfresser.
Wer weiss, ob die Embryonen der Gordiaceen, nach der Analogie
anderer Nemahelminthen zu schliessen, z. B. der
Ascariden68, nicht auch
die Fähigkeit besitzen, selbst vertrocknet längere Zeit ihre Keimkraft
beizubehalten. Man denke sich also, um nur ein Beispiel anzunehmen,
einen microscopischen Gordius oder Mermisembryo an einem Blatt angetrocknet,
welches Blatt von einer Raupe aufgefressen wird. Sollte er
so nicht in den Darm der Raupe gelangen können? Oder würde die
Raupe die Blattstelle, an welcher sich der Embryo befindet, unberührt
lassen? Gewiss nicht! Denn oftmals habe ich gefrässige Raupen (Pieris
brassicae) die Blätter mit den Häuten der Aphiden, die man doch mit
dem blossen Auge sehr deutlich sehen kann, verzehren sehen. Warum
sollte sie daher nicht einen nur 1/60-1/14‴ grossen Gordiaceenembryo
verschlucken? Ein so von einer Raupe verschluckter Embryo mag vielleicht
erst (wenn die Raupe der Verpuppung nahe ist) gewiss in der
Puppe oder im vollkommenen Insekt seine Vollkommenheit erlangen und
aus diesem auswandern. Und gewiss sind die Gordiaceen, die man in
Insekten mit saugenden Mundtheilen antraf, grösstentheils in ihre Larven
gelangt. Raubinsekten mögen sich am leichtesten mit Gordien inficiren,
wenn sie ein Insekt mit GordioceenembryonenGordiaceenembryonen verzehren. Der Versuch
Meissners a. a. O. pag. 137., welcher mit Gordienembryonen versehenen
Ephemeralarven Wasserkäfer zu verzehren gab und beobachtete, dass
die Embryonen verdaut wurden, spricht allerdings gegen die Annahme
einer nochmaligen, passiven Einwanderung, aber er setzte seinen Versuch
nicht weiter fort, in dem einen oder auch in einigen Fällen können vielleicht
die Gordienembryonen zwischen die scharfen Fresswerkzeuge jener
Käfer kommen und so verwundet worden sein, dass sie keiner Entwickelung
fähig waren. Oder die incystirten Gordien hatten damals vielleicht,
was ich für wahrscheinlicher annehme, noch nicht das Stadium erreicht,
wo sie der Verdauung des Magens widerstehen konnten, was auch Meissner
l. c. selbst andeutet.
Apistische Bedeutung. Bis jetzt steht der Fall nur vereinzelt
da, wo Mermithen in den Honigbienen schmarotzend beobachtet wurden
und eine wahre Helminthiasis verursachten. Ueber dies wurden sie von
mir blos in den Drohnen angetroffen, woraus dem Bienenzüchter nur
selten, wenn er z. B. italienische Drohnen nöthig hat, um seine Stöcke
zu italisiren, Verluste erwachsen können. Da aber die Mermithen sicherlich
nicht anders in die Drohnen gelangen können, als vermittelst der
Arbeitsbienen, so ist mit Bestimmtheit anzunehmen, dass auch die Arbeitsbienen
von ihnen behaftet werden. Ist die Einwanderung der Mermithen
in die Arbeitsbienen eine passive gewesen, so werden die Embryonen
in den meisten Fällen von ihnen wieder mit dem eingesammelten
Wasser, Honig etc. ausgewürgt, weil der Parasit sich in dieser kurzen
Zeit, in der sich die eingesammelten Producte in dem Honigmagen der Bienen
befinden, schwerlich durch die Magenhäute wird durchbohren können.
Aber die ausgewürgten Stoffe werden ja zur Fütterung der Brut verwandt
oder bleiben auch bei den sogenannten Futtersaftbereitern längere Zeit im
Chylusmagen. In diesen Fällen haben die Mermisembryonen hinlänglich
Zeit aufzuleben und sich dann durch den Darm durchzubohren, um in
die Leibeshöhle zu gelangen, daher glaube ich, dass in manchen Jahren,
wenn die Mermithen in grosser Zahl vorkommen, ein guter Theil der
Arbeitsbienen auf Rechnung der sogenannten Tollkrankheit an den Folgen
dieser Helminthiasis stirbt. Und ich bin sogar der Ansicht, dass
die Bienen zu denjenigen Insekten gehören, welche am meisten Gelegenheit
haben, sich mit Gordiaceenbrut zu inficiren, da die Honigbienen
überall nach Nahrung herumschnüffeln und auch von einer activen Einwanderung
nicht ausgeschlossen bleiben.
Anhang.
(Tafel III. Fig. 5.)
Zu den Parasiten der Bienen gehört noch ein wenig gekannter Pilz
aus der Familie der Hyphomyceten (Faden- oder Schimmelpilze), den
Dr. Dönhoff69
zuerst entdeckt und Prof. Leuckart als Pilz erkannt hat,
und welcher später von Prof. Hoffmann in der Hedwigia (Notizblatt für
kryptogamische Studien) Bd. I. pag. 117. näher beschrieben wurde. Er
wird von ihm vor der Hand unter das Genus Hydrophora Tode oder
Mucor Micheli eingereiht und als Mucor mellitophorus benannt (l. c.
pag. 119.).
An meinen Bienen habe ich den Pilz nie beobachtet, daher er mir
in Natura unbekannt ist. Er kommt nach Leuckart, Dönhoff und Hoffmann
im Chylusmagen der Bienen mancher Stöcke vor und gelangt jedenfalls
von Aussen — wenn man von der in neuster Zeit, besonders unter
den französischen Naturforschern, wieder sehr in Aufnahme kommenden
Generatio spontanea absieht — mit den eingesogenen Stoffen als Spore
in den Chylusmagen. Die Spore keimt hier und bildet sich zu glashellen
Fäden mit zahlreichen Verzweigungen aus, an denen sich Sporangien
entwickeln, die einen kernig-schleimigen, weissgeblichenweissgelblichen Inhalt besitzen,
aus welchem endlich die Sporen entstehen und nach der Reife
durch Aufplatzen der sehr zarten Sporenhüllen hervorbrechen, meist als
Sporenhaufen. Dieser Haufen zerfällt allmählich in eine grosse Menge
farbloser kleiner Sporen, die sich im ganzen Magen überall verbreiten
und auch im Dünn- und Mastdarm anzutreffen sind, während der eigentliche
Pilz nur im Chylusmagen vorkommt.
Dieser Pilz ist unter den Bienen vieler Gegenden, namentlich Deutschlands,
sehr verbreitet, da seine Sporen, weil die Bienen ihre Brut und
oft auch sich gegenseitig füttern, von der einen Biene auf die andere
übertragen werden können. In den Bienen mancher Stöcke ist er in
so grosser Menge anzutreffen, dass er oft den Chylusmagen mit seinen
Sporen förmlich verstopft und der Ernährung dadurch hinderlich wird,
wodurch nach der Ansicht von Leuckart70
und Dönhoff71
wohl die
sogenannte Ruhr entstehen könnte. Uebrigens haben Kleine72
und
von Berlepsch73, deren Bienen auch pilzsüchtig waren, durchaus nichts
Krankhaftes an ihren Stöcken beobachten können.
Transkriptionsnotiz:
Folgende Anpassungen wurden vorgenommen:
- Seite 26: Bei der Überschrift „Phora incrassata Meigen.“
ist im Original „Meigen“ nicht kursiv, sondern lediglich nicht fett.
- Überschriften, die den Ordnungen entsprechen (Coleoptera, Diptera,
Gordiacea) sind im Original uneinheitlich formatiert und werden hier
einheitlicher behandelt.
- Seite 5: Nach „Proceed“ ergänze Punkt.
- Seite 5: Nach „Tom. I. pag. 269.“ ergänze schließende Klammer.
- Seite 7: Statt „nnd“ lies „und“.
- Seite 8: Ersetze Komma am Absatzende durch Punkt.
- Seite 10: Statt „Bienennympfen“ lies „Bienennymphen“.
- Seite 12: Statt „abgegesetzt“ lies „abgesetzt“.
- Seite 14: Statt „versehenen“ lies „versehene“.
- Seite 15: Statt „irrtthümlich“ lies „irrthümlich“.
- Seite 15: Statt „dreinzehnringelig“ lies „dreizehnringelig“.
- Seite 15: Statt „quatratisch“ lies „quadratisch“.
- Seite 16: Nach „Taf“ ergänze Punkt.
- Seite 18: Statt „Weltheilen“ lies „Welttheilen“.
- Seite 19: Statt „Colvulsionen“ lies „Convulsionen“.
- Seite 22: Statt „(5♀)“ lies „5 (♀)“.
- Seite 23: Statt „Schzwarzblau“ lies „Schwarzblau“.
- Seite 24: Statt „mittelgrossse“ lies „mittelgrosse“.
- Seite 27: Statt „Entwickelungsgechichte“ lies „Entwickelungsgeschichte“.
- Seite 29: Statt „Hautbedeckugg“ lies „Hautbedeckung“.
- Seite 29: Statt „unterbrocken“ lies „unterbrochen“.
- Seite 30: Statt „Binnenstande“ lies „Bienenstande“.
- Seite 31: Statt „beohachtet“ lies „beobachtet“.
- Seite 32: Statt „Zerzetzungsprocess“ lies „Zersetzungsprocess“.
- Seite 36: Statt „Bienennen“ lies „Bienen“.
- Seite 37: Statt „nagträglichen“ lies „nachträglichen“.
- Seite 43: Statt „Jngredienzien“ lies „Ingredienzien“.
- Seite 43: Statt „Ablager“ lies „Ableger“.
- Seite 49: Nach „(Taf. III. Fig. 2 (♂), 4 (♀).“ ergänze schließende Klammer.
- Seite 52: Statt „Filiria“ lies „Filaria“.
- Seite 55: Statt „Gordioceenembryonen“ lies „Gordiaceenembryonen“.
- Seite 56: Statt „weissgeblichen“ lies „weissgelblichen“.
- Fußnote 3: Ergänze schließende Klammer am Ende.
- Fußnote 14: Ergänze Punkt am Ende.
- Fußnote 17: Statt „Meloëides“ lies „Méloïdes“.
- Fußnote 18: Statt „devellopment“ lies „development“.
- Fußnote 23: Statt „oil-Beetle“ lies „Oil-Beetle“ (vgl. Fußnote 12).
- Fußnote 24: Statt „l'hypermetamorphose“ und „Meloïdes“ lies
„l'hypérmetamorphose“ und „Méloïdes“ und ergänze schließende Klammer.
- Fußnote 36: Statt „m“ lies „im“.
End of Project Gutenberg's Parasiten der Honigbiene, by Dr. Eduard Assmuss
*** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK PARASITEN DER HONIGBIENE ***
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